Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1914

78 liche militärische Führer der Jungtürken, die er auch bei der ersten jungtürkischen Revolution nach Konstantinopel führte, Izzet=Pascha gilt aber für einen der be¬ fähigsten türkischen Generalstäbler. Einen garstigen Schatten wirft auf den jungtürki¬ schen Staatsstreich vom 23. Jänner 1913 die dabei erfolgte Erschießung des Kriegs¬ ministers Nasim=Pascha, obwohl dieselbe zweifellos durch die Schuld der Adjutanten Kiamil und Nasim=Paschas veranlaßt wurde, welche gegen Enver Bei und seine Begleiter schossen und so die Demonstranten zur Erwiderung des Feuers veranlaßten, bei welcher Gelegenheit Nasim=Pascha fiel Das Kabinett Mahmut Schefket=Pascha bedeutete die definitve Ablehnung der vollständigen Preisgabe Adrianopels — wie dies auch am 30. Jänner den Mächten notifiziert wurde — und es kam daher rasch zum Abbruch der Friedensverhandlungen in London (27. Jänner), zum Schluß der Friedenskonferenz (28. Jänner) und zur Kündigung des Waffenstillstandes durch Bulgarien (30. Jänner), worauf die so¬ fortige Wiederaufnahme der Feindseligkeiten (3. Februar) erfolgte. Aber auch im neu aufgenommenen Kriege fiel das Waffenspiel zuungunsten der Türkei aus; wohl hielt die türkische Armee in der Tschataldscha¬ linie den Angriffen der Bulgaren gegen¬ über stand, die sich sogar langsam immer mehr zurückzogen; wohl waren noch die heiß umstrittenen Festungen Janina, Adria nopel und Skutari in Händen der Tür¬ ken, aber bald sollte auch für diese drei Bollwerke die Stunde der Ergebung schla¬ gen. Zunächst kam Janina an die Reihe, das nach heldenmütiger Gegenwehr unter Essad=Pascha, der noch in der dritten De¬ kade des Februar stolz die Kapitulation abgelehnt hatte, am 6. März 1913 den Griechen nach einem letzten Generalsturm der letzteren auf das Fort Bisani über¬ geben werden mußte; Hunger und Muni¬ tionsmangel, Menschenverluste und zer¬ störte Positionen hatten diesen Abschluß der Belagerung Janinas erzwungen. Dann kam Adrianopel an die Reihe, das unter Schukri=Pascha sich nicht minder heldenhaft wehrte. Ungezählte Stürme der Bulgaren wurden blutig abgeschlagen, bis sich diese endlich entschlossen, auf die Erstürmung der Veste vorerst zu verzichten, dieselbe statt dessen mit Hilfe der Serben zu zernieren, zu bombardieren und auszuhungern und dadurch mürbe zu machen. Und der neue am Kriegsplan führte zum Ziele 26. März 1913 ergab sich Adrianopel in¬ folge eines nun doch auf die vom Borbarde¬ ment schier vernichteten Festungswerke un¬ ternommenen, am 24. März eröffneten Ge¬ neralsturmes, nach einem monatelang wäh¬ renden, mit alttürkischem, fanatischem Hel¬ denmut geleisteten Widerstande, gezwungen durch einen fast vollständigen Mangel an Munition, Lebensmitteln und Sanitäts¬ material, den Bulgaren. Aber ehe Schukri¬ Pascha aus Adrianopel schied, hatte er sein seinerzeit gegebenes Versprechen we¬ nigstens teilweise erfüllt — was er den Bulgaren übergab, war zum großen Teil ein zerschossener, rauchender Trümmer¬ haufen. Die Flammen loderten an vielen Stellen aus der unglücklichen Stadt empor, die Depots waren in die Luft gesprengt! Den Abschluß in der Reihe der Be¬ zwingung der drei türkischen Festungen bildete Skutari. Auch dieses hatte, helden¬ mütig verteidigt, zahllose Angriffe von seiten der die Festung teilweise mit Unter¬ stützung serbischer Truppen belagernden Montenegriner blutig zurückgewiesen, eine schier ununterbrochene Beschießung ausge¬ halten, der Not des Hungers Widerstand geleistet, aber schließlich mußte es sich un¬ ter Essad=Pascha am 23. April 1913 doch ergeben, wobei den türkischen und albani¬ schen Truppen, welche die Stadt und Fe¬ stung so mutig verteidigt hatten, freier Ab¬ zug mit den Waffen bewilligt wurde. Wohl haben auch hier Mangel an Munition und Lebensmitteln in der während der fast halbjährigen, Ende Oktober begonnenen Belagerung von allem Waffen=, Munitions¬ und sonstigem Ressourcennachschub aus der Heimat vollständig abgeschnittenen Stadt wesentlich zur Kapitulation beigetragen aber die letzten Gründe der Übergabe der Festung durch Essad=Pascha sind bisher noch nicht ganz aufgeklärt. Nachdem es so weit gekommen und dei

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