Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1914

nicht aufgehoben!“ dachte er und sprach mit seiner Frau darüber. Er wollte nämlich zwei Ziegen anschaf¬ fen und so den Haushalt mit genü¬ gendem Milchvorrat versorgen. „Aber gewiß, das ist ein richtiger Plan!“ sagte die verständige Frau, den können wir schon bald aus¬ führen, wenn wir die früher gezahlte Miete zurücklegen und „Ja, ja, so geht's!“ fiel er ihr in die Rede und war ganz glücklich; „auch Kaninchen werde ich halten und Bienenstöcke!“ Das alles wurde denn auch später zur Ausführung ge¬ bracht. Eduard war der Alteste, darauf folgten die Schwestern mit je einem Jahr Unterschied und in einem ziem¬ lich großen Abstand die Brüder. Als er zur ersten heiligen Kom¬ munion ging mit zwölf Jahren, waren seine Schwestern Kunigunde zehn, Adele neun, seine Brüder Erich vier und Anton zwei Jahre alt. Nach menschlichem Ermessen konnte er al¬ so wohl später mindestens seinen Brüdern in ihrem Fortkommen be¬ hilflich sein. Herr Quirin, der bis zur Unter¬ „ prima studierte und einjahrig ge¬ dient hatte, unterrichtete seinen Sohn selbst, wobei er immer mehr in Er¬ staunen geriet, einerseits über die große Leichtigkeit, mit welcher er sich wvieder einarbeitete, anderseits über die noch größere, womit sein Sohn auffaßte und behielt. Ja behielt, denn auch bei den schwierigsten Lehr¬ gegenständen blieb Eduard selten eine Antwort schuldig, ein zweites Mal schon gar nicht. So unterrichtete er ihn bis zur Quarta, auf welche Klasse er ihn bringen wollte. Als die Zeit herange¬ kommen war, schrieb er an den Direk¬ tor des Gymnasiums der nahe gele¬ genen Kreisstadt, ob sein Sohn auf¬ genommen werden könne, er möge einem so früh in den Ruhestand ge¬ tretenen Beamten behilflich sein usw. Er erhielt die Antwort, daß der Auf¬ 51 nahme nichts entgegenstehe, daß aber die erforderliche Prüfung abzulegen sei. Der Direktor war einer derjeni¬ gen, die sehr viel auf ihren Stand, und es gar nicht für möglich halten, daß ein Subalterner einen Schüler oweit bringen könne. Eduard fiel wider Erwarten in der Prüfung durch, was den Vater aber gar nicht entmutigte. Er zog die Anmeldung sofort zurück und fuhr mit seinem Sohn in die ziem¬ lich weit entfernte Provinzialhaupt¬ tadt, wo sich einerseits ein Konvikt befand, anderseits ein Stiefbruder von ihm als Krämer lebte. Er stellte seinen Sohn dem freundlichen Rektor vor und bat um Aufnahme und Prüfung. Die letztere bestand Eduard im La¬ tein glänzend, während es im Rechnen haperte. Auch hatte er nicht daran gedacht, seinem Sohne die erforder¬ beizu¬ lichen Geschichtskenntnisse bringen. 0 „Das sind aber alles gar nicht ins Gewicht fallende Mängel, die hier von der Anstalt gern durch kostenlose Nachhilfe beseitigt wer¬ den!“ sagte der freundliche Rek¬ tor, und der glückliche Vater verließ mit seinem Sohne das Gebäude, um mit seinem Stiefbruder wegen Auf¬ □ nahme und Betostigung zu unter¬ handeln. und „Gern nehme ich ihn auf, Be¬ zwar kostenlos, aber unter einer dingung! „Und die wäre?“ „Er muß bereit sein, so viel es seine Zeit erlaubt, mir im Geschäft zu helfen, die Bücher zu führen, ei¬ nige Gänge zu machen usw.“ und Gern versprach dies Eduard, der beruhigt ließ ihn nunmehr Vater da. Der nunmehrige Gymnasiasthatte ehr bald alle Mängel beseitigt und sich bald den ersten Platz erobert, den Aus¬ er auch mit ganz geringen 4%

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