über die Vermählungsfeierlichkeiten in B. auswendig. Oder rekapitulieren Sie am Ende noch einmal jedes Wort, welches die nunmehrige Frau Großherzogin die Gnade hatte, an Sie zu richten. Zeichnete Sie ja ver¬ teufelt aus, die süße kleine Schön¬ heit! Ein Blick Rebenburgs trifft ihn, welcher ihm ein verlegenes Räuspern abnötigt! „Ich denke, eine etwas ehrerbieti¬ gere Ausdrucksweise könnte nichts chaden, auch wenn man im Begriff ist, Europa und seine Kultur zu ver¬ lassen, mein lieber Mangold, außer¬ dem bin ich mir nicht bewußt, öfters Gnadenbeweise — so war doch Ihr geschmackvoller Ausdruck? erhal¬ ten zu haben als andere!“ Mangold * murmelt etwas Unverstandliches in seinen Bart. Es klingt wie eine Ent¬ schuldigung, Rebenburg sieht gleich¬ gültig zum Fenster hinaus, der Rauch der Lokomotive verhüllt jetzt die Landschaft; es macht den Eindruck, als wehe eine Trauerfahne. * sind im Jagdschloß „Gestern früh Rodenstock als Gäste eingetroffen: Ihre königlichen Hoheiten der Gro߬ herzog und die Frau Großherzogin von B..., Seine Königliche Hoheit der Großfürst Konstantin, ferner der russische Botschafter, der Gesandte und berühmte Afrikareisende Graf von der Rebenburg, welcher, wie wir hören, noch vor seiner Abreise einen Hirsch erlegen soll — und, wie wir — hören den erkrankten Botschafter Fürsten G... in L.. ablösen wird“ steht in der Zeitung zu lesen. Vor der Rampe des Rodenstocker Schlosses halten einige Wagen, wäh¬ rend andere in langsamem Schritt, von ihren Insassen verlassen, den Ställen zustreben. Das Klappern der Hufe, der Klang der Jagdhörner re¬ giert in Rodenstock, in diesem Jahre 21 bei der Anwesenheit so vieler fürst¬ licher Gäste mehr denn je. Nun haben die letzten Herren und Damen die Wagen verlassen und ver¬ schwinden in der Halle, Diener eilen geschäftig hin und her, nun schließt sich die Schloßtür. Es wird still auf der Rampe, dann und wann ein Hundeblaff in der Entfernung, am Himmel über den Parkbäumen steht der Abendstern ... Es ist die Zeit kurz vor dem Diner; alles hält sich in den eigenen Ge¬ — Graf Rebenburg, mächern auf. schon im Frack, die neueste Aller¬ höchste Auszeichnung auf der Brust, lehnt im Armstuhl am Fenster; schaut in den seit fünfzehn Jahren nicht gekannten deutschen Herbst¬ abend. Wie schön sich's hier ausruht, wie gemütlich ist das Zimmer mit dem Urväterhausrat ... wie bequem sitzt man in diesem Großvaterstuhl; der dem so ähnlich ist, den seine eigene Großmutter inne hatte auf der Rebenburg, in dem sie zu sitzen pflegte, wenn er als kleiner Junge seine Kindersorgen vor ihr aus¬ kramte, in der Dämmerstunde... Dann schaute auch der Abendstern herein... wie heute... Sein Blick gleitet langsam vom Sofa zum alter¬ tümlichen Rollbureau, durch die halb¬ offene Tür auf das Bett, über dem ein frommer Spruch hängt. Ob es wohl wahr ist, was ihm Kammerherr von Carsten heute erzählt? Daß die hohe Hausherrin von Schloß Roden¬ tein, sich hier ganz als deutsche Hausfrau fuhlend, diese Behaglich¬ keit zuweilen auf ihre Vollkommen¬ heit hin selbst prüft. Langsam schließt er die Augen Heimatszauber... was alles weckst du auf? .. . Wie blendend schön war die Großherzogin von B... heute morgen in der ihr kürzlich erst ver¬ liehenen Hofjagduniform, wie be¬ rückend gestern abend. Großer Gott! Wie strahlten ihre Augen, wie geist¬
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