Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1914

20 das Schloß so sorgfältig aus dem Wege gegangen war. Sieht zugleich im Hintergrund Malwine Dahlberg mit dem lieben Exzellenz=Papa! Sie beobachten ihn! — Sie sprechen zu¬ ammen! — Nun Haltung! Strah¬ lend grüßen ihn die blauen Augen der Prinzeß, „Graf Rebenburg?!“ halb neckend, halb zürnend klingt ihm die süße Stimme in das Ohr, „Keh¬ ren Sie wirklich noch einmal zu uns so zurück?! Und immer noch mit finsterem Gesicht! Als Sie vorhin den Saal verließen, dachte ich schon, Sie gingen auf Nimmerwiederkehr!“ „Königliche Hoheit haben gesehen?“ stammelt Rebenburg überrascht und ein wenig beschämt, beobachtet wor¬ den zu sein. Er fühlt nun, ihr bei¬ nahe spöttisches Lächeln gewahrend die Verpflichtung, etwas zu sagen — zu erklären — warum er nicht heran¬ — ohne das gekommen; aber wie? zu verraten, was zwischen ihnen un¬ ausgesprochen liegt seit jener Mond¬ — nacht! „Man erzählt mir, Doktor P... wolle eine Expedition ins Leben rufen zur Durchquerung Afrikas“. plaudert die Prinzessin ahnungslos weiter im leichten Unterhaltungston den Grafen ob seines sonderbaren Benehmens aber doch erstaunt beob¬ achtend. „Mein Bruder will ihn gern begleiten, wissen Sie, als Doktor P.. s bester Freund, nichts Nähe¬ res, lieber Graf?“ Seine Königliche Hoheit wird schwerlich Urlaub erhal¬ ten, um sich solchen Gefahren aus¬ zusetzen, während ich bestimmt hoffe, mich beteiligen, d. h. anschließen zu können“, stößt er heraus, mit einem entsetzten Blick in ihre nun auch schreckensstarr gewordenen Blau¬ augen. Schneebleich sieht sie aus, der Mund ist schmerzlich verzogen, wie bei einem Kind, das weinen möchte; —mitleidig, voll Kummer wehmütig wie zärt¬ ruht sein Blick auf ihr — lich, das ahnt er wohl selber nicht. Er sieht in seiner Qual über sie weg, um nur die ihre nicht zu sehen — da erblickt er den Großherzog in der Tür des Teezimmers, vor der sie stehen, sich suchend umschauen und faßt einen raschen Entschluß: „Ge¬ statten mir Eure Königliche Hoheit ein offenes Wort; mein Schicksal führte mich auf sonnige Höhen, an eines Thrones Stufen, ich hob meine Augen zu hoch, das tut armen, sterb¬ lichen Menschen nicht gut, es rächt sich bitter! — Ich schließe sie geblendet und nehme eine herrliche Erinnerung mit mir, haben Sie Dank, heißen Dank, Gabriele, für jeden freund¬ lichen Blick, jedes liebe Wort, welches Sie mir schenkten, es waren mir Blicke ins Paradies. Leben Sie wohl, Gott segne Sie.“ „Seine Königliche Hoheit der Großherzog suchen Eure Königliche Hoheit zur Quadrille“ meldet der Adjutant, neben die Prinzessin tre¬ tend. Sie reicht Rebenburg die Hand, er fühlt durch den Handschuh ihre Eiseskälte und ihr Beben, und mit Anstrengung ein Lächeln erzwingend flüstert sie tonlos: „Meine Gedanken und Gebete werden Sie begleiten!“ Dann nimmt sie den Arm des inzwi¬ schen herangekommenen Großherzogs und mit anmutigem Neigen des Köpfchens gleitet sie an ihm vorüber .... entschwindet aus seinem Leben! Er tritt zurück, mit knirschenden Zähnen. Sollte das für immer sein Schicksal sein? * Im Eilzug nach Neapel sitzen sich drei Herren gegenüber, lesend und rauchend; das sonnige Italien lacht schön, herbstlich zum Kupeefenster herein, denn es ist Ende September. „Na“, meint Baron Mangold zu seinem Gegenüber, „in vier Tagen sind wir in Afrika, haben Europa und seine Kultur hinter uns.“ Er gähnt... „Rebenburg, alter Kampf¬ genosse, Sie lernen wohl den Artikel

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