Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1914

ins Herz gelacht mit ihren Blau¬ augen! Sich erzählen lassen von seinem schönen alten Stammsitz, der Rebenburg, welche über der Tür das Wappenschild seines Geschlechts zeigt, mit dem stolzen Wort: „Impera fortunae tuae, non servi“. Er mußte es ihr übersetzen, silberhell klang ihm — er ihre klare Stimme im Ohr — wie meint sie heute noch zu hören sie ihm nachsprach: „Du sollst deines Schicksals Herr, nicht sein Diener sein! Ja, Sie sehen so aus, als lebten Sie nach diesem Wort!“ — hatte sie hinzugefügt. Da hatte es ihn gepackt, ihre Hand zu nehmen, Vasallentreue und Vernunft zu vergessen, sich diese Nur holde Blume zu erringen! der Gedanke an die Kämpfe, welche ihr bevorstanden, hatte es ihm mög¬ lich gemacht, das Wort, welches schon auf seinen Lippen schwebte, zurück¬ zuhalten. Würde sie siegreich kämpfen? Würde sie standhaft bleiben bei dem Widerstand, auf den sie ohne allen Zweifel stoßen mußte? Sollte sein alter Name, sein uraltes Ge¬ schlecht gering geachtet werden? Nein, das ertrug er nicht! Lieber verzichten So schwieg er. Aus seinen wachen Träumen auf¬ schreckend, findet er sich auf der Schwelle des kleinen Audienzsaales dem Throne gegenüber und sieht mit ungläubigem Staunen auf demselben, friedlich träumend, den Pagen vom Ehrendienst! einem mit „Donnerwetter!“ Schritt steht er neben ihm, rauh packt er ihn am Arm, „Mensch! Ehren¬ berg! Wachen Sie auf! Sind Sie hier zum Schlafen kommandiert? Oder zum Ehrendienst, um den Thron zu hüten? Sie bringen sich ja um Ihre Karriere!!“ So schilt er halb ärgerlich, halb gutmütig Trotzig und ängstlich zugleich sehen ihn die Augen des jungen Menschen an, der sich noch nicht so schnell in die 19 Wirklichkeit hineinfinden kann, in die der Graf ihn so jäh geschüttelt. Armer kleiner Kerl! Er ist der Sohn eines nahen Verwandten des regie¬ renden Hauses und der schönsten 1 Tanzerin und ersten Flamme seiner —seines eigenen Leutnantsjahre ersten Hofballs. Die Träume des armen Jungen mochten auch ange¬ nehmer sein als sein Leben, wenn er sie auch wohl nicht immer gerade auf Thronsesseln genoß. — Nein! Nur keine morganatische Ehe! Noch vie weniger eine, in welcher es der Mann war, welcher einen ninderen Rang — Zum Donnerwetter einnahm! schon wieder dieser Gedankengang... konnte er sich denn gar nicht beherr¬ schen? „Ach, melden mich Herr Graf nur nicht!“ flehte leise die Jungenstimme neben ihm, der Page ist nun voll er¬ wacht, wird sich der Tragweite der Situation bewußt und erkennt in ihm den Vetter seines Gouverneurs. „Na, schon gut, schon gut. Will nichts gesehen haben! Aber nicht wieder tun!“ mahnt Rebenburg, sich zum Rückzug wendend. Wenn seine nicht ballmäßige Stimmung zu nichts anderem taugte, als andere in Ver¬ legenheit zu setzen, nahm er sich wohl besser zusammen... plauderte mit Malwine Dahlberg. .. oder sah zu, wie der Großherzog die Cour machte Alter Sohn, laß dich nicht gehen, mahnt er nun zur Abwechslung sich selbst, Kopf hoch, immer durch! Also schnell zurück!... Was nun —Man machen bis zum Souper? könnte vielleicht mal sehen, Mangold zu sprechen? Könnte sich nach Afrika und der Expedition ins Innere er¬ kundigen? Könnte sich anschließen, etwas leisten, erstreben, totgeschossen werden... besser jedenfalls alles an¬ dere, als hier herumstehen und Trüb¬ sal zu blasen, denkt er und. .. steht derjenigen gegenüber, Aug in Aug, welcher er mit seiner Irrfahrt durch 24

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