14 Pekwill in seinem Hotelzimmer und grübelte. Immer öfter beschlich ihn jetzt die Sehnsucht nach Magdalena. Wenn er nun doch wieder einmal zu ihr ginge! Vielleicht war ihre Liebe durch Einsamkeit und Sehn¬ sucht stürmischer geworden, sie selber um so leidenschaftlicher! Aber nein, sie mit ihrer ruhigen, stillen Natur vermochte wohl nicht dazu zu gelan¬ gen, sie blieb sich immer gleich. Wie anders war dagegen diese Karolina! Heiter, lebhaft, voll übermütiger Launen — und ihre Worte, ihre Be¬ wegungen, da war alles von Glut, von Leidenschaft durchströmt! Ein Pochen an der Türe störte John auf. Ein kleiner Knabe brachte einen beschriebenen Zettel. Verwun¬ dert las er denselben und sein Gesicht wurde bleich dabei. Da stand: Mag¬ dalena Bender schwer krank. Ver¬ langt nach Ihnen. Was war geschehen? Schwer atmend griff er nach seinem Über¬ zieher und Hut und eilte davon Vor dem Gartenhäuschen kam ihm die alte Frau, welché unlängst Mag¬ dalena in den Zirkus begleitet hatte, entgegen. Ihr verwunderter Blick glitt über den stattlich schönen Herrn, der jetzt so ganz anders aussah als im Zirkus, dann fragte sie: „Wissen Sie, was geschehen ist?“ Auf sein Verneinen fügte sie hinzu: 1 „Sie ist gesturzt. Von wo oder was weiß ich nicht. Man brachte sie heute früh bewußtlos und der Doktor kam gleich mit. Weil sie nun immer von Ihnen phantasiert, meinte er, es sei am besten, man benachrichtige Sie davon. Nun folgte er der Frau in das Zimmer. Magdalena schlief anschei¬ nend. Oder war es Bewußtlosigkeit? Ihr schöner Kopf ruhte tief in den weißen Kissen, das blasse Gesicht war von dem blonden Haar wie von einem Heiligenschein umrahmt. Ein gewaltsamer Schmerz ergriff ihn, als er sie betrachtete, und nur die tiefe Rührung, die ihr Anblick in ihm weckte, verhinderte ihn, laut aufzu¬ chluchzen. So beugte er sich herab und heftete die zuckenden Lippen einen Augenblick lang auf ihre Hände, die todesmatt auf der Bettdecke ruhten. Dann wandte er sich an die Frau. „Wann kommt der Doktor wieder?“ „In zwei Stunden.“ „Gut, dann will ich warten. Ich muß Näheres wissen“, sagte er. Als der Doktor kam und Magda¬ lenens Zustand prüfte, meinte er kopfschüttelnd: „Es steht schlecht, sehr schlecht.“ „Was ist aber eigentlich gesche¬ hen?“ fragte John Pekwill jetzt. „Vom Trapez ist sie gestürzt und hat sich eine Rippe gebrochen. Schlimm genug!“ versetzte der Doktor. John hatte die Augen weit auf¬ — vom Tra¬ gerissen. „Magdalena pez?“ fragte er ungläubig. Der Doktor zuckte die Achseln, er hatte nicht viel Zeit übrig, um noch ein langes und breites über den Un¬ glücksfall zu machen. Und so ging er wieder, nachdem er für die Nacht volle Aufmerksamkeit für die Patien¬ tin empfohlen hatte. John sagte der alien Frau, daß er die Nacht über mit ihr an Magda¬ lenens Lager wachen werde, denn er könne die Kranke jetzt nicht allein lassen. „Aber wenn es jemand er¬ „ fahrt?“ meinte die Frau bedenklich „Muß es jemand erfahren? Und wenn, so sagen Sie einfach, ich sei ein Verwandter. Und er blieb. Beim Direktor ließ er sich krank melden, er wollte sich von der Geliebten keinen Augenblick entfernen. Voll und ganz empfand er jetzt die tiefe Liebe, die ihn zu Mag¬ dalena hinzog, und es war ihm der größte Schmerz seines Lebens, daß
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2