mit dem Gelde war es rar geworden in seinem Hause. Der alte Vollbrecht war ein guter, hilfsbereiter Mensch, jetzt aber bedurfte er selber gar sehr der Hilfe. Eines Tages kam er von Steyr zurück und sah sich, in tiefes Sinnen ob seiner tristen Lage versunken, plötz¬ lich am Fuße jenes Felsens, auf dem seine Uhuhütte stand. Er drang müh¬ sam in die Schlucht ein, durch die er den Aufstieg auf die Höhe zu nehmen gedachte. Wie er so dahinstieg, bald sprang, bald kletterte, gewahrte er zu seinem Erstaunen in dem sonst fast glatt ab¬ fallenden Felsen einen klaffenden Spalt, der sich von weit über Mannshöhe bis zur Sohle des Grabens erstreckte und so breit war, daß ein starker Mann leicht durchschlüpfen konnte und sich als Ein¬ gang zu einer Höhle erwies, welche der Förster bisher nicht kannte. Er suchte daher entsprechendes Holz, machte sich einige Leuchtspäne, entzündete einen derselben und trat in den Felsenspalt ein. Nach etwa 40 bis 50 Schritten kam der Förster schon an das Ende dieses Ganges und befand sich nun, wie es schien, in einer hohen, sehr großen Höhle, deren Boden aus feuchtem Lehm bestand und an deren glatten, glitzern¬ den Wänden hie und da Sickerwasser herabtropfte. Plötzlich blieb der Alte wie ange¬ wurzelt stehen, seine Augen starr auf einen Felsblock von halber Manneshöhe gerichtet, auf dem er eine kleine Ge¬ stalt zu erkennen glaubte, wie er ver¬ meinte, die eines Kindes, das, merk¬ würdigerweise, gerade hier einen sehr gesunden Schlaf tat. Allein, als er leise näher trat und nun besser sehen konnte, hätte der Förster beinahe die Leuchte in lassen, und ein neuerlicher, langer oder Blick auf das vermeint¬ gte ihm, dem sonst furcht¬ einen solchen Schreck ein, sucht fühlte, eiligst davon ale zu laufen. LIX Was der alte Förster sah, war auch seltsam genug und hätte wohl auch an¬ deren Sterblichen das Gruseln gelernt, denn das schlafende Wesen, das etwa die Größe eines 1½= bis 2jährigen Kin¬ des hatte, erwies sich als Zwerglein mit langem, weißen Bart und Haar, welch letzteres in üppiger Fülle unter der schwarzen, zipfeligen Mütze hervor¬ quoll, und das Antlitz des Zwerges zeigte, daß derselbe hoch an Jahren sein mußte. Das Zwerglein, das wie die Berg¬ knappen bekleidet, nur daß dessen Klei¬ dung gar so viel fein und säuberlich war, schlief, und seine regelmäßigen, tiefen Atemzüge ließen den Förster er¬ kennen, daß es, ungestört, sobald nicht erwachen werde. Das beruhigte ihn und der alte Vollbrecht fand schnell seine Kühnheit und Entschlossenheit wieder. „Das ist kein Mensch wie ich,“ dachte der Förster, indem er sich das Zwerglein näher besah, „gewiß nicht, das ist ein Bergmännchen, von denen ich gar oft erzählen hörte. Hab' aber nicht dran glauben mögen! Gott stehe mir bei!“ Und er bekreuzigte sich fromm. „Hm,“ machte er es dann, „hab mein Lebtag gehört, daß die Berg¬ männchen den Menschen nicht schlecht ge¬ innt sind, allerlei wissen, was der Ver¬ stand von unsereins nicht begreift und gerne den Menschenkindern helfen in Not und Plag' — wie wär's, wenn ich es finge und seine Kenntnisse auf die Probe tellte? Noch einen Augenblick besann sich der Förster, denn eine innere Stimme warnte ihn, mit einem Wesen anzu¬ binden, dessen Kräfte er nicht kannte, die kecke Abenteuerlust überwog aber in ihm, wohl auch hatte er schon so seine bestimmten Absichten mit dem Berg¬ männchen, kurz, plötzlich beugte sich der Förster zu dem Schlafenden herab, packte ihn mit seiner nervigen, rechten Faust sehr unsanft an, hob ihn zu sich empor
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