Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1913

92 Dänemark. Auf der Rückreise nach Dänemark erlag König Friedrich VIII. von Däne¬ mark am 14. Mai 1912 nachts in Ham¬ burg während eines nächtlichen Spazier¬ ganges auf der Straße einem Schlag¬ anfalle. Er war am 3. Juni 1843 geboren und regierte seit 29. Jänner 1906. Ihm folgte auf dem Throne Dänemarks Kron¬ prinz Christian — geboren am 26. Sep¬ tember 1870, vermählt am 26. April 1898 mit Alexandrine, Prinzessin von Mecklen¬ burg=Schwerin — als Christian X. Türkei. Konstantinopel, die herrliche Stadt am Goldenen Horn, wurde in der Berichts¬ periode von mehrfachen Bränden heimge¬ ucht, die eine ganze Reihe von Stadt¬ vierteln vernichteten. Am 23. Juli 1911 brach in Stambul gleichzeitig in den Stadtteilen Usuntschar und Vesnedschiler ein Brand aus, der sich infolge starken Windes rasch nach mehreren Richtungen ausbreitete. Mehrere Stadtviertel wurden eingeäschert. Es brannten dabei zirka 4000 meist kleinere, hölzerne Häuser und Kauf¬ läden nieder; die Obdachlosen waren meist Mohammedaner — sie bezifferten sich auf ungefähr 50.000. Am 24. Juli 1911, da der Brand vom 23. noch nicht gelöscht war, brach in dem am Goldenen Horn gelegenen israelitischen Viertel Balat ein neuer Brand aus, der sich nach zwei Richtungen, gegen das Griechenviertel Phanar und das Türkenviertel Ejub ausdehnte und bei 500 meist kleinere Häuser zerstörte. — Am 21. Oktober 1911 brach im Stambuler Viertel Bajezid und gleichzeitig in Kum Kapu am Marmarameere ein großer Brand aus, dem mehr als 1000 Häuser zum Opfer fielen. Am 3. Juni verheerte eine Feuersbrunst, die im Stambuler Viertel Kabasakal ausbrach, und, vom Sturme begünstigt, rasch um sich griff, mehrere, meist aus Holz gebaute und zwischen der Aja Sofia, der Achmed Moschee und dem Marmarameere gelegene Stadtviertel — bei 2000 Häuser wurden diesmal ein Raub der Flammen. Im März 1912 fand der Fürst von Samos, Kopassis, durch Mörderhand den Tod. Bulgarien. Am 30. Juni 1911 nahm die National¬ versammlung zu Tirnowo die neue Ver¬ fassungsvorlage in erster Lesung an. Nach einer Reihe von Abänderungen, welche sich hauptsächlich um die königlichen Präro¬ gativen und deren Einschränkung drehten, wobei aber ausdrücklich die Aufnahme der Bezeichnungen „Königreich“ „König“ („Zar“), „Königin“ und „königlich“ in die Verfassungsgesetze verfügt wird, wurde am 21. Juli 1911 die neue Verfassungs¬ vorlage endgültig in dritter Lesung ange¬ nommen. Serbien. Am 24. Juli 1911 verlobte sich Prin¬ zessin Helene, die einzige — im Jahre 1884 geborene — Tochter König Peters mit dem um zwei Jahre jüngeren Prinzen Johann Konstantinowitsch, dem Sohne des russischen Großfürsten Konstantin. Die Vermählung des jungen Paares fand dann am 3. September 1911 in Petershof in der Kirche des großen Palais statt. Am 9. Dezember starb der ehemalige Ministerpräsident und bisherige Präsident des Staatsrates Nikola Christic — der „serbische Cato“ — im 93. Lebensjahr. Mit ihm ging der treueste Paladin des Hauses Obrenovic von hinnen, der von den Herrschern dieser Dynastie immer be¬ rufen wurde, wenn sie eines Mannes mit eiserner Hand bedurften. Nikola Christic hat allen regierenden Mitgliedern der Fa¬ milie Obrenovic, dem Dynastiegründer Milosch wie dem „letzten Obrenovic“ in Ehren gedient — er war ein treuer Diener seiner Herren! Afrika. Marokko. Auch in der hier bespro¬ chenen Berichtsperiode wollte das Land nicht zur Ruhe kommen; es gab wieder wilde Kämpfe zwischen den einzelnen Stämmen und zwischen diesen und den Truppen des Sultans sowie den Fran¬

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