Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1913

„Er kommt erst im Ohr recht zur Geltung,“ rief sie lebhaft. „Wie schade, daß man nicht auch ein Ohrgehänge tragen kann!“ Sie müßten mit der Mode be¬ ginnen, Madame,“ sagte der Juwelier galant, „und sie würde vielleicht bald allgemein werden Die schöne Kundin lachte. „Das geht nun doch nicht,“ sagte e Dann fügte sie plötzlich, wie durch 75 eine Eingebung, hinzu: „Sie könnten mir aber vielleicht einen zweiten Stein dieser Art verschaffen? Nicht? Es ist möglich,“ sagte der In¬ welier. Doch ich könnte dies in keinem Falle bestimmt zusagen. Und dann wäre der zweite Stein mindestens doppelt so teuer. Wenn man nämlich einen Stein dieser Art sucht, so schnellt sein Preis ganz merkwürdig in die Höhe. Ich könnte einen zweiten, ähnlichen, ich sage nicht, ganz gleichen Stein 63 nicht unter hunderttausend Francs beschaffen. „Hm,“ machte die Dame. „Das ist ein wenig teuer... Indessen, wenn Sie mir einen zweiten grünen Bril¬ lanten verschaffen, so daß er ein Pendant zu diesem in einem Paar Ohrringe bilden kann, so zahle ich auch hunderttausend Francs dafür. Und den da kaufe ich sofort.“ Sie wandte sich zu dem jungen Manne. 2 der sich in ihrer Begleitung befand und sich während der ganzen Szene ehrerbietigentfernt gehalten hatte. „Herr Poirier, bitte, bezahlen Sie den Ring. „Sehr wohl, Frau Gräfin.“ Herr Poirier näherte sich darauf dem Ladentisch, zog eine große Brief¬ tasche hervor und zählte dem Juwelier zehn Billets zu fünftausend Francs auf den Tisch. Die glatte Art der Bezahlung einer o hohen Summe imponierte dem Juwelier gewaltig.

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