Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1913

Neuer Frühling. Skizze von H. Abt. (Nachdruck verboten.) Denn's doch nur nicht wieder zum Gartenzaun hinüber, dem blond¬ Frühling werden woltel bärtigen Manne zu, der den raschen hatte sie gestöhnt und in Schritt einhaltend, mit klingendem der nächtlichen Einsamkeit „Guten Morgen!“ den Hut zog. ihres Stübchens den Kopf tief in die Auch das Mädchen hob den hinab¬ Kissen hineingewühlt. Und mußte doch gebeugten Kopf zu ernstfreundlichem wie zuvor das Sausen und Brausen Gruß empor und wandte sich dann hören, das draußen die Nacht erfüllte, wieder ihrer Arbeit zu. Sie bemerkte das gegen die Scheiben fuhr und an es nicht, wie der Arzt des Städtchens, den Fensterrahmen rüttelte, als wolle mit dem die Mutter einen kleinen es sich Einlaß erzwingen zu ihr, die Schwatz begonnen, dabei unverwandt nichts vom Frühling wissen wollte, hr emsiges Tun verfolgte und nun der mit jungem Ungestüm daher¬ rief er: gezogen kam, den Winter jagend, der „Recht so, Fräulein Emmi, auf¬ die Lande in frosterstarrtem Bann räumen mit dem toten Laub und gehalten. Platz geschaffen dem neuen Leben! „Hat dich der Sturm heute nacht Die Gartenschere klirrte zu Boden, 5 auch nicht schlafen lassen, Emmi? die hingehockte Mädchengestalt schnellte ragte andern Morgens die Mutter, empor, in herber, fast feindlicher Ab¬ der das stille Gesicht der Tochter noch wehr stand die biegsam Schlanke da. blasser als gewöhnlich dünken wollte. Doktor Landolf schien es nicht zu Dann, ohne eine Antwort abzuwarten, gewahren. Im ernsten Gesicht ein war die allzeit Geschäftige hin zur leises, helles Lächeln, nickte er wie zur Tür geeilt Antwort auf etwas, das die Mutter „Jetzt pressiert's mit dem Garten. gesagt: Der alte Weinreich bindet schon die „Ja, bitter lang ist der Winter ge¬ Rosen aus und du kannst mir nach¬ wesen. Um so herrlicher wird nun der her bei den Erdbeerbeeten ein bißchen Frühling sein. mit zur Hand gehen.“ Dann war er weiter seines Weges Sie ging der Mutter im Garten gegangen. Sein letzter Blick hatte zur Hand, schnitt von den Erdbeer¬ Emmi Burkhardt gegolten. Die stand töcken die langen Ranken ab, entfernte noch immer voll der feindlichen Ab¬ die alten Blätter, lockerte und häufelte wehr da und empfand es klar: aus die Erde und fühlte dabei wieder, wie seinen Worten, die er für sie und in der verwichenen Nacht in sich die nur für sie gesprochen, da redete ein herzpochende Angst vor dem Frühling, anderer, geheimer Sinn. Und plötzlich den sie unter ihren Händen spürte, uhr's ihr noch durch die Gedanken: der aus grünlich braunen Blattknospen „Fräulein Emmi“ hatte er gesagt. zu ihr empordrängte und dem ge¬ Bis heute hatte er sie nur immer lockerten Erdreich herbduftend entquoll. „Fräulein Burkhardt“ genannt, so Schön' guten Morgen, Herr lang sie ihn auch kannte. Wie lang Doktor!“ rief die Mutter und lachte das her war? Oh, keine Sorge, daß

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