48 zuständigen Postamtes auf der Adresse angeben sollen. „Allerdings. „Gut — diesem Zirkular ist eine Probeadresse beigefügt und diese Probe¬ adresse bin ich.“ „Erlauben Sie mal, das ist doch wohl nicht gut möglich. Es ist da 77 irgend ein Name und irgend eine „Herr Hofrat“, unterbrach ihn der junge Mann mit bebender Stimme „ich gebe zu, daß Lehmann zu den Namen gehort, die irgendeiner sind, aber Alfred Lehmann in Wien, XVIII/12. Währingerstraße 215, III. — das bin ich nur allein!“ „Das wäre ja allerdings ein sonder barer Zufall, Herr Lehmann“, sagte der Hofrat lächelnd, „immerhin begreife ich nicht, was sie dabei so schrecklich aufregt. Ninnicht —? Sie begreifen nicht, daß ich mich schon gar nicht mehr nach Hause traue!? Sie begreisen nicht, daß ich unter Briefe gesetzt werde und unter Briefen ersticke, wenn dasso weitergeht!? Herr Hofrat — früher bestanden meine ganzen Postsachen aus zwei Briefen jährlich, die ich und meine Frau zum Geburtstag bekamen, und gegen Weihnachten aus einem Paket mit Bäckereien und wollenen Socken von meinen Eltern in Rodaun. Und heute? Drei Dutzend Briefe täglich! Und was für Briefe! Greifen Sie sich mal ein paar heraus, Herr Hofrat —— von den Stammtischen, die mich anprosten, will ich nicht einmal reden! —— Hier — bitte eine alte Schachtel in Pickern bei Marburg nennt mich Kavalier und ersucht mich unter Be¬ rufung darauf, ihr dieselbe Jacke zu besorgen, wie sie die Frau Friedhof¬ verwalter im vorigen Jahr bezogen hat. Hier — ein Herr Vicek teilt mir mit, daß in Miloslaw und Umgebung das Geld momentan ein bischen knapp wäre; ob ich ihm nicht eine vierte Hypothek auf seinen Hof besorgen * könnte. Für einen anderen Mann in Goyatz soll ich einen seit zehn Jahren in Wien verschollenen Vetter aufsuchen und ihn vielmals grüßen. Aus Ham¬ burg werden mir absolut sichere Ge¬ — verbotene winnlose angeboten natürlich! Zweiundsiebzig Ansichts¬ kartensammler wünschen mit mir zu tauschen — und ein Mann in Klagen¬ furt meint, ich wäre die geeignete Persönlichkeit, in Wien Apfelwein zu verkaufen. Das schlimmste aber ist, daß man mich auch heiraten will Herr Hofrat! Mich, der ich seit andert halb Jahren glücklicher Gatte und in absehbarer Zeit Vater bin! Meine Frau sitzt in ihrem schonungsbedürftigen Zustand zu Hause und heult sich die Augen aus, weil sie mich für einen angehenden Bigamisten, für einen Heiratsschwindler oder dergleichen hält! Bis zur heutigen Elfuhrpost haben mir sechsundzwanzig Weibsleute ihre Herzen und ihre Hände angeboten, weil sie gern nach Wien heiraten möchten; einige, die es ganz eilig haben, sind schon unterwegs, um gleich meine persönliche Bekanntschaft zu machen... Der Hofrat wischte sich die Tränen aus den Augen, die er am Fenster wo er dem unglücklichen Probe=Leh¬ mann den Rücken zugekehrt — heimlick vergossen und zwang sich zum Ernst. „Ja, Verehrtester, ich sehe vollkommen ein, daß der drollige Zufall peinlichc Folgen für Sie hat — aber ich weis im Augenblick nicht, wie sich dem ab¬ helfen läßt Alfred Lehmann schluckte und sagte mit der Friedlichkeit eines Menschen, der sein Herz erleichtert hat und von einer ihm erwiesenen Teilnahme sym¬ pathisch berührt ist: Geben Sie mir eine amtliche Be¬ — scheinigung für meine Frau, Herr Hof¬ rat, daß ich kein Bigamist bin und teilen Sie den Zeitungen mit, daß Alfred Lehmann nur eine gedachte Person ist.
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