Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1913

44 Ein Lächeln hatte erst die Lippen Und da schlich ein Bild vor Isabellas Isabellas umzuckt, aber es schwand inneren Blick, ein Bild, wo sie sich an wieder, je weiter sie las. Eigentümlich der Seite des geliebten Mannes sah, griffen die Worte, die so schlicht und von seinem Arm umfangen, von seinem unbeholfen und doch deutlich die Munde geküßt — o, so heiß, so selig! Meinung des Schreibers ausdrückten, Der schlanke, schöne Mädchenkörper an ihr Herz. War sie selber nicht dieser erbebte und die Augen schlossen sich koketten Garoline“ ähnlich, wollte sie in seligem Traum — o, das war ein nicht gleich dieser anderen gefallen, schönes Empfinden — edler und von vielen bewundert werden? Ja, es reiner! war so — und obwohl jene einen Aber das blieb aus, wenn sie den Geliebten hatte und weniger zu ent¬ Preis der Schönheit erringen wollte. schuldigen war als sie, die doch noch Und schreckhaft weit öffneten sich die rei — — Isabella schrak heftig zu¬ dunklen Augen Isabellas — sie sah sammen, ihr Herz hatte auf einmal das öde Leben vor sich, das dann so jäh und stark zu schlagen ange¬ ihrer harrte: ohne Liebe, ohne Glück. fangen, und all ihr Blut schoß stürmisch Ihr Blick traf groß und voll in die in drängendem Lauf durch die Adern. Augen Oskars — warm schauten ihr Frei —? War sie denn noch frei? diese entgegen. Da brach ein inniger Zog es nicht geheimnisvoll und doch Strahl aus den ihren. Sie legte ihre tark und mächtig ihr Herz zu einem feine, schlanke Rechte hinüber auf seine, andern? Oder was wäre diese Emp¬ die auf seinem Knie ruhte, und flüsterte findung, die sie überkommen hatte leise: „Ich will nicht preisgekrönt beim ersten Blick in jene schönen, werden. grauen Augen, und die bisher nicht Betroffen schaute er sie eine Weile weichen wollte, trotz allem Zorn und an, dann verstand er ihr Empfinden. Groll, denn sonst? Ja, sie liebte ihn Mit beiden Händen umschloß er ihre diesen Mann, der ihr da so ruhig und Rechte und neigte seinen Kopf nahe kalt gegenüber saß und nun so tat, zu dem ihren. „Um meinetwillen, als wäre sie nicht vorhanden für ihn, Isabella? Um meinetwillen?“ fragte und früher hatte er sie doch ganz er leise und leidenschaftlich. anders angesehen! Er mußte doch Da sank ihr Blick scheu zu Boden gerade so denken wie dieser Franz im und die Lippen zitterten. Sie war Briefe. Gerade so verwerflich mußte unfähig, eine Antwort zu geben. ihm das Mädchen erscheinen, das so Dringlicher fragte er: „Täusche ich eitel war, seine Schönheit so öffentlich mich? Oder erwiderst du meine Liebe anerkannt sehen zu wollen. wirklich, teures Mädchen?“ Ach, er hatte keine Ahnung von dem Da sah sie ihn voll Zärtlichkeit an Triumph, den es bereiten mußte, die und er zog sie an seine Brust. — Als eigene Schönheit preisgekrönt zu wissen Isabellas Mutter erwachte, sagte Oskar Und nochmals kämpfte in dem Herzen schelmisch: „Gnädige Frau, Ihre Tochter Isabellas die jüngst erst erwachte Liebe will sich um einen anderen Preis be¬ mit der maßlosen Eitelkeit, die ihren werben, um meine — ihres künftigen Sieg begehrte, den gewaltigen Sieg Gatten Liebe!“ der Schönheit. Wie herrlich es war, wenn sie einen Preis errang, und Preisgekrönt kehrten die dann — und dann — ja, was kam beiden Mädchen heim, ausgezeichnet dann? Nichts! Nur eine kurze Zeit mit dem höchsten Preis im Leben, voll Triumph und dann nichts. mit dem des Glückes ihrer Liebe. 8

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