Das Mädchen preßte die Hände gegen die Brust unter dem Stich, den es ihr jetzt wieder bei der Erinnerung an den damaligen Schimpf durchs Herz gab. „I will koa Abbitt', sagte sie aber dann leise, „so was wascht ma oan a net 'runter von der Seel' mit a paar Wort' — dös vergißt ma nia mehr!“ Der Bursche hatte sich nach ihr um¬ gedreht und sah ihr mit brennenden Augen ins Gesicht. Aber bei ihren harten Worten loderte es wild in ihm auf. „J hab' a so was,“ rief er dann in ausbrechendem Grimm, „was mir koans mehr wegwaschen ko — den Schlag damals, den mir dös stolz' Dirndl da drüb'n auf'm Steig ins G'sicht 'neigeb'n hat — den hat s’ wohl ganz vergessen? Das ist schon so die hochmütige Art, dem andern seine Sünden ins Holz 'neinz'schneiden an eder Tür und die eigenen schreibt ma in 'n Sand!“ Agerl wurde blutrot. „I schreib's net in Sand!“ schluchzte sie auf mit ihrer Fassung war's vorüber. „S wvoaß 's recht wohl, daß i unrecht 'tan hab' damals — es hat mi a scho ausendmal g’reut —“ Die letzten Worte waren ihr im ausbrechenden Schmerz entfahren und ie stockte gleich darauf heftig er¬ chreckend. es „Was?“ schrie der Bursche — klang ihm wie ein bergwiderhallendes Jauchzen aus der Seele „ja, na derf i dir a sagen, daß 's mi scho millionenmal g’reut hat, wia hart i dir und dei'm Vater damals g’red't hab’ und wia unrecht, Agerl! Schau, er hat mir verzieh'n — meiner Dumm¬ heit z' Liab!“ lachte er und setzte leiser bei: „Verzeih' mir du halt a!'s müaßt ja net grad wegen meiner Dummheit — du könnt'st 's ja a tuan, ein wannst möcht'st, wegen meiner wahn¬ innigen — Liab zu dir!“ Sie hatte die Hände emporgehoben, als ob sie eine Offenbarung vernähme, 31 und die Tränen in ihren Augen strahlten wie Perlen unter dem Widerschein des Glücks, das in ihren Augen leuchtete. Der Bursche umschlang die beiden Hände und im nächsten Augenblicke sie selbst und preßte sie stürmisch an sich. „Tusch! Tusch!“ rief der wilde — die Musik fiel ein, die Kaspar Väter schüttelten sich die Hände und alles jauchzte dem jungen Paare zu, das — nichts um sich vernehmend ganz in das eigene Glück versunken dastand. „A echte Bergliab!“ murmelte Traudl. „Nach hartem Sturm der helle Sonnenschein! Das war ein Leben und ein Jubel diesen Tag, als müßte man all die frohe Lust, die während der angen öden Trauerzeit hier oben ver¬ äumt worden war, auf einmal nach¬ holen. Wie es aber schon dämmerte, winkte der wilde Kaspar dem Bürgermeister und Tom, seinem Bruder und Traudl, Agerl, Gregori und noch einige von den Alteren zusammen. „Jatzt,“ sagte er, „komm i an. d' Reih' und will euch a was zoag'n!“ Bald darauf knarrte die geheimnis¬ volle Tür in der Gerümpelkammer und ihm, der mit einer Fackel voraus¬ chritt folgten staunend all die andern. An einem Geländer hin ging's auf chmalem Grat in die Berghöhle hinein, in welcher zur anderen Seite ein mächtiger unterirdischer Gießbach sein Wasser in ein unsichtbares Becken hinabgoß, so daß der aufsteigende Gischt die Vorüberschreitenden be¬ rührte. Dann aber bog der Pfad und plötzlich stand man in einem hellen, wohnlich eingerichteten Felsenraume, der durch einen Schacht von oben sein Licht empfing. „Dös is mei G'fängnis g’wesen, agte der wilde Kaspar und alle nahmen gleich ihm den Hut ab, „wo i ab'büßt hab’, und dös da hab’ i während dem geschaffen zur Buß' und schenk's hiemit in die Dorfkirch' zur Erinnerung!“
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