Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1913

er den anderen zu, „wer den einmal im Leben g’sehen hat, vergißt 'n net wieder — die Mordsfigur, dös feurige wilde Aug', dös mächtige Haar — nur die Zeit und die Sorg' hat ihm Falten ins G'sicht gegraben! Kaspar, um Gottes Willen, sag aus, wo warst du? „In der Bergwand war i in a Höhl'n hinterm Totenhof!“ antwortete der andere fast feierlich. Nur nachts und wann gar neamad in der Näh' war, hab’ i mi 'rausg'schlichen und hab' mir die freie Luft und 's Licht, das ihr all' die fünfundzwanzig Jahr ungeachtet und undankbar genossen habt, g'stohlen wie a Diab! Aber dös war net 's Schlimmste —'s Schlimmste an dem Dasein war dös G'fühl in meiner Brust, daß i mei Leben nur fortfrist' auf Kosten von der Ehr' von mei'm Brudern, daß er's auf sicl g’nommen hat, von der Welt aus¬ g'stoßen z' sein, als mei Mörder z gelten, damit i leben kann!“ 27 „Aber warum denn dös?“ frug der Moosgrundner. „Dös versteh' i net, warum hast du die denn net zoagt „ und alles aufgeklart?“ „Weil i a feiger, selbstsüchtiger Tropf war bis heut'!“ rief der wilde Kaspar „Weil ma mich sonst festg'nommen und vielleicht g'köpft, vielleicht a auf ewig ins G’fängnis g'stoßen hätt'! Denn i hab' — den Jaga damals nieder¬ g'chossen!“ 1 „Du?“ Alle hatten es geflüstert und aller Blicke wandten sich mit einemmal an den Totenhofer, der hoch aufgerichtet, nach fünfundzwanzig Jahren endlich von unverdientem Verdacht und Vor wurf gereinigt, mit einem Gesichte vor ihnen stand, das wie verklärt erschien vom Scheine seiner endlich entdeckten Unschuld. Die Wahrheit der gemachten Angaben sprach so mächtig aus dem Gesichte der beiden Brüder zu den Herzen der Anwesenden, daß es keinen Zweifel mehr gab.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2