Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1913

hundert begraben war, hat a ab'büßt i will wieder leben, i will net länger tot sein — verstehst! Schau jatzt nach dei'm Kind — nachher aber erwart' i di bei mir — i hab' an Anspruch drauf, mit dir zu reden und zu raten, was g'schehen soll!“ Die alte Traudl hatte indessen das fieberzitternde Mädchen zu Bett ge bracht, wo alsbald wilde Phantasien über das in seinem tiefsten Seelen¬ K — leben verwundete zarte Wesen her¬ fielen. Der Bauer und die Alte, welche beim flackernden Kerzenlicht den ver¬ worrenen Reden und Ausrufen lauschten, sahen sich hie und da mit Entsetzen und Verständnis an. „Sie woaß alles!“ jammerte dann Traudl und versuchte die Stirn der Kranken mit Quellwasserumschlägen flü¬ zu kühlen, während der Bauer sterte: „Wie a Berg, in dem Wasser seit Jahrhunderten wühlte, auf einmal z'sammabricht, is 's ein¬ 21 brochen — ihr Glück, ihr Ruh'!. Und an allem bin i alloa schuld und die lange Lug'.“ „Bleib' bei ihr!“ sagte er dann, sich erhebend. Bald darauf öffnete sich die Tür, die in die Felswand führte. Erst spät, mit einigen Fläschchen versehen, kehrte der Totenhofer zu seinem kranken Kinde zurück. * 2 S 1 2 Man hatte den Elserpeter nachts über im Gemeindekotter untergebracht, der seit Jahren leer gestanden und deshalb in schlechtem Zustand war o daß man noch eine doppelte Wache vor die Tür stellen mußte, um dem Gefangenen die Flucht zu verleiden. Anfänglich dachte er auch gar nicht daran, sondern brütete innen in dumpfer Gleichgültigkeit. Allmählich aber, als er über sein Los und über die Dinge, wie sie so gekommen waren, nachzudenken anfing, erwachte die Lust

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2