20 was tan hat, wann i mei Büchsen dahoam lass'? Glaubst du, i hab' net in meine zwoa Fäust' no Kraft g'’nua, den z' erwürgen?“ „Geh', bleib' da“ — bettelte sie und fügte schüchtern bei: „Ich hab' ja scho —“ „Was hast?“ frug er rasch und mißtrauisch. „I hab' in meiner höchsten Her¬ zensangst,“ fuhr sie zaghaft fort, „den von der Höhl'n bitt', daß er sich umschaut!“ „Was, mein —“ rief er. „Was,“ wiederholte er nach einem tiefen Atemholen, „den hast du nach meinem Kind ausgeschickt! Bist du denn ganz verrückt worden — hast du denn alles vergessen, was i dir emals ang'schafft hab'! Der derf das junge, unschuldige Leben net kreuzen und stören — i will 's rein erziehen und im nix wissen lassen davon, was hinter'm Hof der Berg und in meiner Brust das Herz verbirgt! O Weib, Weib, bist du no net an g’nug Unheil schuld Damit stürmte er aus dem Hause, während ihm die arme, alte Traudl mit gerungenen Händen nachsah und leise Gebete murmelte. Stundenlang streifte er umsonst die Bergabhänge ab und stieg hin¬ unter ins Tal, wo er sogar bis ins Dorf eindrang; ja, einige wollten später behaupten, sie hätten ihn selbst auf dem großen Platze in der Nähe des jäh verlassenen Johannisfeuers gesehen. Aber nirgends fand er sein Kind und kehrte endlich in höchster Er¬ regung nach seinem Hofe zurück. Dort kam sie ihm plötzlich, durch das Gestrüpp aus einer anderen Richtung aufsteigend, entgegen an der Hand dessen, von dem er sie nicht geleitet wissen wollte. „Agerl“, rief er und stürzte auf sein Kind los, es wild in seine Arme reißend, in welchem sie zusammenschauderte. „Wo bist g’wesen, Agerl, red', warum hast du mir dös tan, warum hast du alle Kindesliebe und allen Gehorsam so vergessen können! Bin i net dein Vater, der dich liebt und auf den Händen tragt, der alles wohl über¬ legt und gut meint, was er von dir verlangt? Sie sah nicht auf zu ihm, sie gab ihm keine Antwort, sondern sträubte sich schaudernd aus seinen Armen und loh nach dem Hofe. Erstaunt, entsetzt sah er hinter ihr drein. Dann wandte er sich an den anderen, der in den dunklen Schatten des Ge¬ büsches vor ihm zurückgewichen war. „Wortbrüchiger“ fuhr er ihn an, „wo bleibt unser Pakt? Du sollst ihr den Weg net kreuzen, du sollst sie net anrühren, weil damit 's Verderben über sie kommt „I hab s’ nur 'raufg'führt in ihrem Elend und in ihrer Verlassenheit!“ entgegnete der Gescholtene. „Sie is aus dem Dorf 'kommen — was sie dort tan hat, woaß i net — aber ma muß ihr 's Gift scho bei'bracht haben vom Todtenhof — i glaub’, sie woaß alles, was g’redt werd über di! „Alles, was g’red't werd über mi!“ wiederholte der Bauer und seiner kraftvollen Hand entsank die Büchse. „Dös hoaßt, sie haben mir mei Kind g'nommen — i hab' verloren mit oan Schlag, was i seit Jahrzehnten gehütek hab’ und bewahrt als mei einziges! „Hollah!“ rief er und richtete sich auf. „Jetzt is Zeit, Abrechnung kommt!“ drohte er hinunter ins Tal. „Jahr um Jahr, Lug' um Lug, Gut um Gut! „Recht hast!“ sagte der andere entschlossen Es is Zeit! Giebt's, was s will! Wir rechnen ab — mit denen!“ „Du net!“ sagte der Bauer rasch. „Da kannst net abrechnen; denn dei Schuld is nia abzuzahlen!“ „J rechn' mit!“ entgegnete der andere finster. „Wer a Vierteljahr¬
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