„Sei ehrlich,“ antwortete er sanft und schlang den Arm um ihre Schulter, während sie abwärts schritten. „Ist dir wer in den Weg kommen von 77 1 drunten 'rauf oder was hat di kränkr? Wie gern hätte sie ihm alles gesagt und in ihn gedrungen: „Nicht wahr, Vater, er war ein Lügner, dir haftet kein Schimpf an?“ Aber sie hatte sich vorgenommen, die Rache allein auszutragen, für sich, und ihn nicht mit der Wiedererzählung dessen, was sie vernommen, zu kränken und zu erregen. Die erste Notlüge stahl sich deshalb 77 auf ihre Lippen. „Ihab' nu, flüsterte sie leise. Er schüttelte betreten den Kopf. So war sie noch nie gewesen. Wenn er nicht felsenfest auf sein Kind vertraut hätte, das kein Falsch und kein Ge¬ heimnis vor ihm hatte — er würde ofort weiter in sie gedrungen sein. So aber nahm er sich vor, für alle —.. Falle scharf Obacht zu geben, um herauszubringen, ob sie ihm nicht doch etwas verschwieg und eine fremde Macht sich zwischen ihn und sie ge¬ drängt hätte, die es zu brechen und zu überwinden galt. Der Totenhofer hatte auch schon einen bestimmten Argwohn in der Seele und dieser war es, der ihn, als Agathe am gleichen Abend längst in ihrem Kämmerlein schlief und ihre Hüterin an ihrem Bette saß und spann, noch einmal ins Freie hinaustrieb. Er hatte schon einigemale in jüngster Zeit, meist spät abends, wenn Agathe ahnungslos im Vorgarten in der dichten Laube saß und sang, einen Burschen aus dem Dorfe unten in der Nähe herumschleichen sehen. Kürz¬ lich einmal abends hatte er ihn sogar angerufen, worauf aber der Fremde cheu davon gesprungen war. Der Elserpeter schrack zusammen und stand wie angewurzelt, zumal er gleichzeitig einen Hahn hatte knacken hören; denn er war wie alle hinter listigen Naturen feig. 9 „Wer bist du und was suchst da heroben zu nachtschlafender Zeit?“ rief der Totenhofer drohend und trat ihm unters Gesicht. „Überhaupt, was suchst beim Totenhofer heroben?“ fuhr er fort, als er sah, daß es der nämliche war, den er schon öfter in der Nähe eines Hofes beobachtet hatte. Wie aber der andere bemerkte, daß der Bauer seinen Stutzen herunter¬ nahm, gewann er die alte Keckheit wieder. „A schön's Dirndl such'i,“ lachte er 7 trotzig, „und i moan ihätt's g'funden.“ Die Zornader auf des Totenhofers Stirn schwoll. „Und wo nachher?“ frug er und richtete sich hoch empor. „Auf 'm Totenhof,“ entgegnete Peter frech und rückte sein Hütl zurück. „Mei Tochter!“ rief der Bauer und chwang die Faust. „Nimm di in acht, Bürschl, daß di dei Fund net reut. Dös Dirndl is mei Kind, verstehst, und was an Totenhofer g’hört, dös rührt koaner an ung'straft.“ „Vom Totenhofer seine Stückeln brauchst mir nix z’erzählen,“ lachte der Bursche höhnisch. „Die woaß i eh. Aber i moan just d’rum brauchest net o gach sein, wann si a ordentlicher Es Bua um dei Dirndl umschaut. werden eh net viel kemma von da drunten 'rauf und bei dir d’rum an¬ halten. rief „Und wann s’ alle kommen,“ der Totenhofer in grimmen Stolz, „nachher jag' i s’ all miteinander zum Türl 'naus. Mei Dirndl braucht koan Mo und von da drunt kriagt s'’ scho amal gar koaner. „Schau, Totenhofer,“ sagte der Elser¬ peter und in seiner Stimme zitterte die Begierde, „wannst nur a ver¬ nünftig's Wörtl mit dir reden ließest. 77 Mirg'hören jag'wissermaßenz'samm „Mir z'samm'?“ antwortete der Bauer. „Wann der Hirsch z'samm' g’hört und der Wolf, der wia a hoam¬ tückischer Räuber des Nachts um sei Lager schleicht, nachher g’hören mir z'samm'
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