Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1913

nehmen Natur, die in ihr steckte, zu imponieren verstand. Aber mitten in die Befangenheit, in welche sie diese neuen Eindrücke versetzt hatten, schlug sein kränkendes Wort wie ein Blitzstrahl in ihr Gesicht und eine Art von Notwehr war es, wenn sie in der jähen Aufwallung tief Tat beleidigter Kindesliebe sich zu einer hinreißen ließ, die ihrem Wesen ganz und gar widerstrebte und über die sie 65 2 Ss Se I222 12 jetzt ebenso heftig erregt war wie über die erlittene Beschimpfung selbst. Wie aber kam der Fremde dazu, ihren Vater zu schmähen. Sie richtete sich langsam auf und starrte hinunter in das enge Tal, welches bisher ihre Heimat gebildet hatte. Dachten jene drunten am Fuße der Berge, die den Totenhof an¬ chlossen, anders von ihrem Vater als sie oder war es nur frivole Lust zu kränken, die dem Burschen das be¬ 7 schimpfende Wort in den Mund ge¬ geben hatte? Und wenn sie anders dachten, hatten sie ein Recht dazu? Sie sann und sann; aber kein Makel an dem verehrten Bilde ihres so Vaters war ihr bewußt, der eine niedrige Kränkung gerechtfertigt hätte. Warum lebten gerade sie hier oben so einsam? Warum verkehrten sie nie mit den Menschen unten im Dorfe, ja, warum stiegen sie nicht einmal zu — 1 ∆ 6 S 44 RO den heiligsten Zeiten hinunter in die Kirche, die man von den Höhenvor¬ sprüngen so lieblich unten liegen sah sondern begnügten sich mit stillem Ge¬ bet in der kleinen Kapelle, welche neben dem Totenhofe für dessen Bewohner erbaut war? Agathe erinnerte sich plötzlich; daß ihr Vater, der sonst stets gegen sie mild und sanft war, wie seine rauhe Außenseite es von ihm gar nicht hätte vermuten lassen, nur einigemale in

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