Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1913

4 gangen in der Nacht und nur der Totenhofer ist davonkommen. Da ist d’ Rechnung leicht, wer die zwoa Leben auf 'm G’wissen hat. Sei Glück, daß a dei Muatta bald d'rauf verschwunden — is sunst wärs eahm an Kragen gangen; denn sie hätt' reden könna. Dös aber woaß i g’wiß: I, wann an deiner Stell' wär',i scheuet an Toten¬ hofer wia's Feuer; denn i wüßt' net, was passieren kunnt, wann mir der amol alloa da begegnet, der meine Eltern auf 'm G’wissen hat.“ Der jahzornige Bursche hatte dabei unwillkürlich sein Handbeil wie zum Schlag erhoben und drohte damit nach dem stillen Bauernhof hinunter. „Ma soll koan richten, dem sei Schuld net bewiesen is,“ sagte Gregori mit unerschütterlicher Ruhe. Da blitzte unten an der Tür des Hauses etwas Weißes auf. „Hat er denn Weibsleut a herob'n? rug Toni harmlos und deutete danach hinunter. Aber schon vor ihm hatte der Elser¬ peter das leuchtende Gewand unten entdeckt und seine Augen hatten sich mit gierigen Blicken auf dasselbe ge¬ richtet. Seine blassen Wangen waren gerötet und mit Mühe verbarg er vor den Kameraden seine Bewegung. „Ah was,“ antwortete er rasch. „Woaß der Kuckuck, was dös für a verkommen's Bettelweib is, die eahm „ sei Haushalt'n fuhrt.“ Auch dem Buckligen war das Er¬ scheinen eines weiblichen Wesens unten nicht entgangen und auch seine Wangen hatten sich dabei dunkler gefärbt. Unwillig schüttelte er den Kopf und durch seine gutmütige Stimme klang fast etwas wie Groll als er seinem Gefährten rasch entgegnete: „Da irrst dich aber, Peter, wannst moanst, es is a herg'laufens Bettel¬ weib. Dem Totenhofer sei leiblichs Kind ist's — a Dirndl, so bildsauber und liab wia koane mehr auf zehn Stund' im Umkreis.“ Der Elserpeter biß sich auf die Lippen und krallte die Nägel in sein Beil. „Ah, da schau her,“ lachte er wild „ma möcht' völli moana, du hätt'st cho g'fensterlt bei ihr? Woher woast denn du dös so genau? „J.“ stotterte Gregori jetzt verlegen wie ein ertappter Sünder. „No ja, i steig' halt öfter 'rauf. Da unten an der Felswand, wo ma mein Vatern er¬ chossen und abg'stürzt gefunden hat, hab' i a kloans Martertaferl auf¬ g’richtet für eahm und für den wilden Kaspar und da leg’ i hie und da ein Buschen nieder und wind' an frischen Kranz 'rum. „So, so,“ brummte Peter und ließ einen scheelen Blick an seinem Kameraden heruntergleiten. „Bleib' fei schö bei die Toten und laß die Lebendigen in Ruah d' Liab hat nö koan a Glück bracht in eurer Familie.“ „Geh, du,“ wehrte Gregori mit blutrotem Gesicht und stieg seinen Weg rascher abwärts. Das Mädchen unten, welches die Aufmerksamkeit der drei Burschen er¬ regt hatte, war inzwischen aus der Einfriedung getreten, die den Totenhof umfing, und ging die Felswand ent¬ lang, an welcher der Weg mählich gegen den Kogel zu aufstieg. „Sie kimmt da 'rauf,“ flüsterte der Elserpeter. „Geh' ma ihr aus dem Weg.“ Der Bucklige schlug sich sofort rechts in die Büsche und eilte mit schnellen Schritten talabwärts. „Vor dem,“ murmelte er für sich, „mag is net grüaßen — der is heut gar so unguat. Wär' mir leid um a hart's Wort, dös er über sie redet.“ Peter folgte ihm langsam und schaute dabei nach Toni zurück, der ruhig seinen Weg weiter schritt. „He, rief er halblaut, „gehst net 7 mit uns „A Moosgrundner schlagt si net in — am d' Büsch wie a Wilderer wenigsten vor an Dirndl,“ entgegnete der Großbauernsohn stolz. „Geht ihr euern Weg, i geh’ den mein.“

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