Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1912

König Matthias von Ungarn*) Ge¬ sandte geschickt, um die Räumung des Landes Oberösterreich zu bewirken, aber der König verlangt hiefür 700.000 Goldgulden und — die hat der Kaiser nicht. Aber, wie es den Anschein hat, rüsten jetzt doch der Kaiser, das Land und unsere Stadt gemeinsam zur Ver¬ treibung der Ungarn zusammen. in Vorgestern vormittag gab es Ennsorf draußen einen drolligen Auf¬ tritt in einem Brauhause. Dort saßen anstatt zu arbeiten, just sieben Rauch¬ fangkehrergesellen im Arbeitsgewande, russig und geschwärzt und zechten wacker darauf los. Unter ihnen befand sich der Sohn des hiesigen Rauchfangkehrer¬ meisters Schonda, ein Riese von Ge¬ stalt und ganz hübscher Mensch, der war der Lustigste von allen und zahlte bar. Aber des Bieres war mehr, als der Franz Schonda Geld hatte, doch zechten sie wacker darauf los und der Franz bekam nicht genug und leistete sich allerlei dumme Mätzchen. Wie er zählt wird, war der sonst so fleißige Mann darüber ganz aus dem Häuschen, daß er einige Tage früher von dem ehr¬ samen Bürgersmann Kappenfuß als Freier für dessen Tochter Anna war ab¬ gewiesen, trotzdem behauptet wird, das hübsche Fräulein Anna sehe den Schonda Franz gar nicht ungerne und habe nichts dagegen, Frau Rauchfangkehrermeisterin zu werden.*) Der gekränkte Franz trank also mit seinen Freunden so lange, bis der Wirt verlangte, daß wieder einmal gezahlt werde. Und da war bei den „Schwarzen“ kein Pfennig zu finden. Großes Gezeter seitens des Wirtes dem eben noch die Lieder der schwarzen Gesellen gar so gefallen hatten. Der Schonda Franz benutzte das und machte dem Wirt den Vorschlag, sie wollten ihm *) König Matthias Corvinus von Ungarn, geb. 27. März 1485, 25. Jänner 1558 König, gest. 6. April 1400 in Wien an einem Schlagfluß infolge Gicht. **) Sie war vielleicht eine jüngere Schwester der Elisabeth Kappenfuß, welche Kaiser Friedrich IV. im J. 1482 an seinen Diener Augustin Lausser verheiratet hatte, um diesen mit deren Mitgift zu entlohnen. 99 so lange ihre Lieder vorsingen, bis ihm eins besonders gefalle, dann aber seien sie ihm nichts mehr schuldig. Der Wirt war damit einverstanden, brauchte ihm doch gar kein Liedel zu gefallen, so mu߬ ten dann die Gesellen sich doch zum Zahlen entschließen und der Schonda Franz, der aus gar wohlhabendem Hause ist, konnte ja einstweilen für die Schuld gutstehen. So sangen denn die schwar¬ zen Bierhelden und tranken noch manch dem Wirte vollen Humpen leer, aber — wollte kein Liedel gefallen, selbst dann nicht, wenn der Schonda Franz in seinem allertiefsten Baß mitbrummte. So wurde es immer später am Vormittag und der Schonda Franz wußte, daß er heimzukehren habe, denn der gestrenge Herr Vater spart sonst nicht mit Worten und die Hand rutscht ihm gar so leicht aus, auch zum großen Franz hinüber. Der „dichtete“ nun ein Liedlein, von dem er vermeinte, das müsse dem Wirt gefallen, dann sei die Sache erledigt. Er teilte das „Lied“ seinen Gefährten mit und als der Wir wieder einmal daherkam, sangen ihm die lustigen Brüder in ihren schärfsten Tö¬ nen entgegen: „Jetzt zahlen wir und wollen gehen Das wird der Wirt doch wohl verstehen! „Ja, sagte jetzt der Wirt lachend, „das Liedel gefällt mir, vom Zahlen hör' ich immer gern, also zahlt's jetzt, wie Ihr das im Liede soeben habt ver¬ sprochen, dann könnt's gehen!" Darob große Entrüstung bei den schwarzen Gesellen und der Franz er¬ klärte, „daß der Wirt jetzt die Zeche zu bezahlen habe, wie er es versprochen zu tun, so ihm ein Liedel gefiele und sei jetzt der Fall gewesen, also seien sie nichts schuldig.“ Und sie erhoben sich und wollten gehen. Der Wirt aber stellte sich ihnen entgegen, hielt sie mit den Armen auf und gab es ein gar übles Geschrei, ein Gezeter für und wider, daß es weit hinein in die Gasse hallte und eine Menge Leute herbeikamen, um zu sehen, 77

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