Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1912

96 seinem Reich die Sklaverei ab. Ihm folgte Maha Warjirawudh, sein ältester, am 1. Jänner 1881 geborener und vollständig europäisch erzogener Sohn auf den Thron Siams. Amerika. Wie in allen früheren Berichtsperioden, spielten sich auch in der gegenwärtigen in verschiedenen der mehr oder weniger inter¬ essanten Republiken Zentral= und Süd¬ amerikas allerhand revolutionäre Bewe¬ gungen, militärische Meutereien (Bra¬ silien) ab, auch gab's zwischen mehreren dieser Staaten kriegerische und andere Konflikte — sie haben aber wohl alle für die Weltgeschichte keine besondere Bedeu¬ tung. Eine solche Bedeutung kommt da¬ gegen zweifellos schon wegen der eigen¬ tümlichen Haltung der Vereinigten Staaten, der großen Revolution in der nordamerikanischen Republik Mexiko zu, welche zur Abdankung des langjährigen, verdienstvollen, energischen und deshalb den Vereinigten Staaten unangenehmen Präsidenten dieser Republik: des einund¬ achtzigjährigen Generals Porfirio Diaz führte. Zunächst von 1877 bis 1880, dann wieder seit 1884 ununterbrochen an der Spitze der Republik stehend, hatte er sein Land in jeder Beziehung gehoben, aber eine diktatorische, soldatische Art schaffte ihm doch viele Feinde im Lande, die lang¬ sam, aber sicher, den Sturz des allzu mäch¬ tig Gewordenen vorbereiteten. Wohl konnte Porfirio Diaz noch die Zentenarfeier der Befreiung von der spanischen Herrschaft und damit der staatlichen Unabhängigkeits¬ erklärung Mexikos (16. September 1810) festlich begehen, aber schon erhob in ein¬ zelnen Staaten, besonders des Nordens der Republik, die Empörung ihr Haupt; von Francesco Madero, der sich dann im No¬ vember zum Präsidenten der provisorischen Regierung erklärte, geführt, von den Ver¬ einigten Staaten ziemlich ungeniert ge¬ fördert, drang sie, nachdem im Anfange mit wechselndem Glücke gekämpft worden war, dann rasch immer siegreicher vor, bis 2 Porfirio Diaz, die Unmöglichkeit, sich zu halten, einsehend, am 25. Mai 1911 seine Demission gab und der Minister des Außern de la Barra als provisorischer Präsident im Einvernehmen mit Madero die Führung des Landes übernahm Am 16. August 1910 verschied, auf der Reise nach Bad Nauheim, in Bremen der Präsident der chilenischen Republik Pedro Montt an einem Herzschlage. Er hatte seit 18. September 1906 die Präsidentenstelle inne. Während der Berichtsperiode wurden folgende Präsidenten amerikanischer Repu¬ bliken neu gewählt: Am 16. Juli 1910 Carlos Restrepo zum Präsidenten von Columbia; am 21. Juli Saenz Pena zum Präsidenten von Argentinien; am 20. De¬ zember Barros Luco zum Präsidenten von Chile; am 1. Jänner 1911 Estrada zum Präsidenten von Nicaragua und am 19. Jänner Jara zum Präsidenten von Paraguay. In den Monaten August bis Oktober 1910 wüteten in einigen Unionsstaaten, so in Nord=Idaho, Montana, Oregon, Wa¬ shington, Kalifornien, Minnesota, ver¬ heerende Waldbrände, welche eine Reihe prächtiger Urwälder und Wälder samt darin gelegenen Ortschaflen und Städten und damit Werte von weit über hundert Millionen zerstörten und auch Hunderte von Menschenleben (man zählte am 10. Oktober allein in Minnesota 800 Tote, 2000 Vermißte, 5000 Obdachlose) vernich¬ teten, die in dem wütenden Elemente den Tod fanden. Eine Fläche, die einem Fünftel des Königreiches England gleich¬ kommt, war am 24. August bereits den Bränden zum Opfer gefallen. Ein ganzer Passagierzug der Northern=Pacificbahn ist mit allen seinen Fahrgästen, 61 Personen die aus einer brennenden Ortschaft (Wal¬ lace) flüchten wollten, vom Feuer zerstört worden. Reichliche Schnee= und Regenfälle, die am 24. August eintraten, löschten wohl auf Teilstrecken den Brand — menschliche Hilfe war vergeblich.

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