Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1912

54 Sie gab keine Antwort. Ihm fuhr auf den funkelnden Ring, den sie eine dunkle Röte über das Gesicht. „Das gestern im Juwelierladen gesehen. In das dachten Sie also von mir! Aber bebendem Ton sprach sie dann: „O was berechtigt Sie zu diesem Glauben, o, was haben Sie getan, können Sie denn solche — solche Gedanken gar nicht sagen Sie — ich bin doch kein — kein verbannen?“ Dieb!“ „Verbannen?“ sagte er und Traurig¬ „Aber — aber Sie leiden an Klepto¬ keit schlich über seine Züge. „Sie haben manie!“ sagte sie leise kaum hörbar. also schon alles erraten, beim Anblick „Ihre Schwester schrieb es mir ja! dieses Ringes?“ Er lachte laut auf, dann sagte er: Sie nickte. „Ich weiß! Aber wie nun „Da hat meine Schwester etwas Schö¬ die Sache ohne Schaden für Sie zurecht nes angefangen! Ja, ich weiß, sie sagt bringen? O, es wird nichts anderes immer, ich leide an Kleptomanie, an übrig bleiben, als daß ich sage, ich habe Herzenskleptomanie nämlich, weil ich den Ring aus Vergeßlichkeit eingesteckt, so vielen jungen Damen ihr Herz obwohl mir das— schwer wird! raube; ob das wahr ist, weiß ich wirk¬ Er schaute sie groß an. „Aus Ver¬ lich nicht! Aber jetzt möchte ich wirklich geßlichkeit eingesteckt!?“ wiederholte er ein einzig' Mal dazu befähigt sein, ein und wieder stellte sich die Beklemmung Herz zu rauben — Ihr Herz, liebe er be¬ von gestern ein, aber stärker Erika! Der Ring da sollte ein Ver¬ gann an ihrem Verstande zu zweifeln. lobungsring werden, wenn— darf ich, „Aber ich habe ja den Ring gekauft!“ Erika, darf ich? „Gekauft!“ Sie rief es laut, ju¬ Zögernd schaute sie ihn an, dann lachte belnd, herzensfroh. sie leise, glücklich auf. „O, du, nun hast „Aber was meinten Sie denn?“ du mir wahrhaftig mein Bestes gestoh¬ fragte er nun, und als sie schwieg und len, mein Herz! Böser, lieber Fried¬ mit gesenkten Augen dasaß, fügte er rich!“ Dann reichte sie ihm ihre Hand hinzu: „Doch nicht — daß ich den Ring hin, er aber umschlang zärtlich ihren mitgenommen habe? So, mitgenom¬ Leib. men?“ Humoristisches. Das böse Gewissen. Im Re¬ Serenissimus läßt sich einen jungen Assessor vorstellen. Als er ihn fragt, wann staurant sitzen zwei Juristen und streiten über einen Fall, den sie am Vormittag er geboren sei, antwortete dieser: „Am 29. Februar 1884.“ Serenissimus sieht erledigt haben. „Paragraph 123a hätten wir anwenden müssen,“ sagt der eine sagt den Assessor nachdenklich an und „Sie irren, Herr Kollege,“ erwiderte dann: „O, mein Lieber, da haben Sie der andere, „Sie fassen die Tatbestands¬ aber Glück gehabt, daß das gerade ein merkmale unrichtig auf. „Kellner! Schaltjahr war, sonst hätten Sie über¬ ?“ ruft der eine. Der Kellner kommt eilig haupt nicht auf die Welt kommen ronnen! Sie Empfindlich. Neuer Buchhalter heran. — „Sagen Sie einmal, haben ein Strafgesetzbuch? Der (bei der Vorstellung): „Ich glaube, wir einer Kellner verschwindet, kommt nach kennen uns schon, Herr Prinzipal?!“ — Wirt Chef: „Wie heißt wir? Ich kenne Weile zurück und sagt: „Der nimmt den Wein auch so zurück!“ Sie und Sie kennen mich — verstanden!? *8

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