Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1912

alle zahlbar in kurzen Wochen. Ich war vorgestern in dem alten Adelsnest und da wurde mir gar seltsam zumute. Der Alte hat so etwas Eigenes an sich, er stand vor mir wie aus Stein gehauen und als ich die Forderung vorzeigte, hieß es: „Die Wechsel sollen am Ver¬ fallstag eingelöst werden. Ich hätte auflachen und fragen mögen, womit er zahlen wolle, aber die Frage erstarb mir auf der Zunge. Mir war's, als stünde in den ehernen Zügen des 4 Grafen geschrieben: „Und wenn nicht 825 8220 u 2 Ai S —. 4 80 Sph. 1 mit Banknoten, so löse ich die Schuld¬ scheine mit meinem Herzblut ein.“ Da schlich ich mich, von Grauen erfaßt, fort, denn mir wollt's bedünken, wenn ich länger bliebe, stürzten die Mauern über mir zusammen.“ Das Gespräch der Herren verstummte jetzt, die Baro¬ nin aber hatte genug vernommen. Gegen 3 Uhr nachmittags traf Frau von Steinau auf Greifenstein ein. Sie hatte ihre Ankunft nicht angezeigt und wurde nicht erwartet. Wohl hatte Ga¬ briele recht gehabt, zu schreiben, die 00 □ S82 S 1 43 Mauern seien noch morscher geworden der rechte Schloßflügel wurde jetzt von Balken gestützt. Wie lange würden diese den vollständigen Einsturz noch aufzu¬ halten vermögen? Über den Hofraum chlich wie einstmals der alte Kunz, seine schlotternden Glieder waren in eine neue Livree gekleidet. Der Alte lächelte und nickte, als er die Baronin gewahrte, er lächelte jetzt immer, die neue Livree machte ihm viel Freude. „Euer Gnaden kommen zu unserer „ 17 jungen Grafin, sagte er,„Sie werden 840 W85 S S2 mrernn S Sreen 5 Se. 1 an Wer 625 225 *0 8 — 1—— * — +EH #177 7 — 2 Eerenene S8 Sne ee W S SMIHTEE 2 S sich wundern, daß sie so schön geworden ist, ganz wie ihre Mutter und Feste gibt es jetzt auch, fuhr der Greis ge¬ dämpften Tones fort, „denn unsere Gräfin Gabriele heiratet demnächst einen englischen Herzog, den sie letzten Winter bei der Tante kennen gelernt hat. Oh, der ist reich, von goldenen Schüsseln soll er speisen und die präch¬ tigsten Schlösser soll er haben, aber weiße Haare hat er, doch ist er gut und unser Kind so fröhlich und glücklich. Die Baronin ließ sich nicht melden,

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