Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1912

Die Rache der Zigennerin. von E. S. Volkserzählung grüßt; die Blumenhändlerin¬ ie in rauhen Tälern gelegenen 25 nen von Eger hatten nie etwas ge¬ Badeörter entbehren der edle¬ 8 mein mit dieser Sylphide, welche durch 2 ren Blumengewächse, welche G. die sauberen Abbildungen der engli¬ durch Farbe und Duft die schen Taschenbücher und enthusiastischen menschlichen Sinne erfreuen. Nur die Beschreibungen der deutschen Touristen wilde Rose, die gelbe, lockenartige Akazie, eine Berühmtheit gleich den Kunst¬ die Blüte der Erdbeere und die bunten schätzen ihrer Vaterstadt erreicht hat. Wiesenblumen verschönern den kurzen Sie sind sonnengebräunte derbe Gestal¬ Frühling und Sommer. Obgleich die ten, in die Nationaltracht gekleidet und feuchte Bergluft ihren Blüten eine lange barfüßig. Selbst die Elastizität und Dauer vergönnt, entblättern sie allzu Frische der Jugend vermag nicht lange schnell unter den Händen des Menschen, den Anstrengungen der oft zurückge¬ als daß man aus ihnen Sträuße und Kränze winden könnte. Edlere Blumen legten Wegstrecke und den rohen Ein¬ müssen sorgfältig an tiefer gelegenen, flüssen des Witterungswechsels und der von rauhen Winden geschützten Stellen Nachtluft zu widerstehen. Wie aber die gezogen werden. Diese Blumen werden Natur stets selbst unter den größten oft meilenweit zur Freude der reicheren Hindernissen und erschwerenden Bedin¬ Badegäste herbeigebracht und verhältnis¬ gungen nach dem Guten und Schönen "— mäßig teuer bezahlt. Arme Mädchen und strebt, so sollte sich auch unter den Frauen machen daher ein Gewerbe Blumenverkäuferinnen von daraus, teils solche Blumen zu ziehen, Eger eine schöne Florentine¬ teils sie zu den schattigen Spaziergängen rin finden. an den Heilquellen zu tragen und dort Ein armer Schneider der Stadt feilzubieten. Noch heute, wie vor Eger starb und hinterließ Witwe und dreißig Jahren, blüht dieser kleine, Tochter. Sein Gewerbe hatte den Mann aber mühselige Erwerbszweig in dem nur kümmerlich genährt, denn seine böhmischen Marienbad. Die Blumen¬ ganze Kunst ging nicht über den Ge¬ verkäuferinnen müssen ihre zierliche schmack und die Bedürfnisse der Bauern Ware von dem mehr als vier Meilen der Umgegend hinaus und seine Kun¬ weit entfernten Eger bei Nacht her¬ den waren außerdem in ihrem Ver¬ überbringen und oft denselben Weg in brauch mehr als sparsam. Ein bäueri¬ die Heimat wieder am Nachmittag zu¬ scher Sonntagsrock liebt es, nicht allein rücklegen, wenn der Absatz ungewöhn¬ der Mode, sondern auch der Zeit Hohn lich rasch stattgefunden hat. Nur wenn zu sprechen, namentlich aber wollen die ihnen ein Teil ihrer Blumen übrig Leute vom Gebirge, daß ihre Klei¬ geblieben ist, schieben sie die Heimkehr dungsstücke auch noch auf die nächste auf und halten mit leichter Mühe den Generation vererben sollen. So blieb Rest in dem Wasser der Gebirgsbäche der Erwerb spärlich. frisch. Der Mann bekam über Sorgen und Mangel ein heftiges Fieber, eine Nacht Die Reisebeschreiber erzählen von nach der andern trennte sich auf, einem reizenden Blumenmädchen in und an einem Morgen überließ er der Florenz, das den neuen Ankömmlin¬ Natur die Reste, um nach Belieben gen auf den Hauptplätzen der herrlichen etwas anderes, vielleicht Besseres dar¬ Stadt entgegenhüpft und sie mit einem aus zuzuschneiden. Der jüngste Priester unentgeltlich dargebotenen Strauße be¬

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