Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1912

14 Da ballten sich Oberst Ralstädts Fäuste, seine Lippen bebten, und seine Augen hefteten sich durchbohrend auf den Sohn. Endlich faßte seine Hand nach dem Schwerte. „Ha, Bube, Bastard!“ schrie er außer sich und drang mit gezückter Waffe auf ihn ein. Aber schon war auch Axels Schwert entblößt, und auch die beiden ihn begleitenden Hauptleute zückten ihre Klingen, schlugen dem Oberst die Waffe aus der Hand und achteten nicht der ohnmächtigen Wut des Rasenden. Da kam diesem die Fassung wieder. „Ha! Ich will euch lehren den Kriegs¬ brauch, und streng' Gericht über euch halten!“ stieß er wutschäumend hervor, riß einen Fensterflügel weit auf und rief hinunter auf den Markt, seinen Reitern zu: „Herauf, meine Getreuen! Herauf! Nehmt die Frevler gefangen, die gegen ihren Oberst die Schwerter zückten! Im Nu ward es lebendig aufdem Flur, unter den schweren Tritten der chwedischen Kriegsleute dröhnten die Bohlen der Treppe, und im Augen¬ blick war das Gemach angefülltmit wilden, bärtigen Gesellen. „Auf!“rief der Oberst ihnen zu, „entwaffnetdie Verräter und fesselt sie. Und alsbald fuhren hundert Klingen aus den Scheiden und zuckten über den Häuptern der Bedrohten. Aber mit un¬ erschrockenem Mute trat Axel Alman¬ ried ihnen entgegen und rief, die Röte des Zornes in den edlen männlichen Zugen: „Wag' es einer, mich anzu¬ rühren! Hier ist mein Schwert, ich geb's in eure Hand und will's nicht eher wieder, bis Kriegsgericht gehalten ist über mich. Der Kanzler selbst mag zu Gericht sitzen und mich richten nach Kriegsgebrauch, ich will mich dessen nicht weigern. Da sanken die gezückten Schwerter bei der dräuenden Rede des ritterlichen Jünglings herab, als wären es ge¬ knickte Halme, der Oberst aber schrie wutentbrannt: „Holt Stricke, Ketten, fesselt die Verräter!“ Und schon brachten die Söldner die klirrenden Fesseln getragen, da stellte sich Axel Almanried ihnen nochmals entgegen, warf sein Schwert auf den Boden und rief, kühn im Kreise um¬ herblickend: „Wer unter euch, Kriegskameraden, wer fesselt uns wie Schelme? Und beschämt blickten die wilden Ge¬ stalten zu Boden und dann auf zu dem tapferen frommen Hauptmann Alman¬ ried, dem sie alle sehr ergeben waren im Herzen, und es fand sich keiner, der den entehrenden Befehl vollzogen hätte Wie sehr auch der wilde Oberst tobte, so erlangte er doch nichts weiter, als daß auch die beiden anderen Haupt¬ leute ihre Schwerter übergaben. Das Wehrgehänge aber, das dem Haupt¬ mann Almanried so lieb war, das be¬ hielt er an sich. „Vorwärts!“ kommandierte jetzt der Oberst, „die Gefangenen in die Mitte genommen!“ Und das Gemach leerte sich. „Seh' ich dich wieder, Axel?“ rief Klara jetzt, aus ihrer Ohnmacht wieder erwacht, als nun der Geliebte mit seiner Wache zur Türe hinausschreiten wvollte. „Gewiß, meine Klara! Um mich nie wieder von dir zu trennen!“ gab dieser zuversichtlich zurück, weilte noch mit einem zärtlichen Blick auf dem lieben¬ den Mädchen, dann schritt er getrosten Mutes die Treppe hinab. „Lebt wohl, schöne Braut!“ wandte sich Ralstädt, nachdem alle außer Jo¬ hannes und der Base das Gemach ver¬ lassen hatten, mit höhnischen Worten an die zitternde Klara, „lebt wohl und denket mein!“ Während dieser Worte umspielte ein so heimtückisches Lächeln den Mund des unholden Mannes, daß es dem zagenden Mädchen war, als stoße man ihr einen Speer durch das liebende Herz. Der Krieger aber eilte polternd die Treppe hinab, schwang sich auf sein schwarzes Dänenroß, rief seiner Reiter¬ schar ein barsches: „Aufgesessen

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2