Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1912

2 Purpur färbten, ihr gestattet hätten, nur ein Wort hervorzubringen. „Nicht doch, mein Kind!“ sagte er darauf, ungestümer werdend, „laßt doch die Ziererei und Scham, und stoßt nicht den zurück, dem Ihr ergeben seid im Herzen. „Herr Oberst!“ erwiderte die Jung¬ frau, scheu sich von ihm wendend und sich von neuem bemühend, ihm ihre Hand zu entziehen. Aber nur fester hielt sie der Offizier und fuhr fort: „Wie Ihr doch seid! Ihr wißt, daß es mein sehnliches Streben ist, Euch heimzuführen als meine Gattin. Das sagte ich Euch am Tage, da ich Abschied nahm. Auch Ihr seid mir gewogen, Euer Blick hat mich's gelehrt in der Stunde des Abschieds, wenn auch Hauptmann Almanrieds unzeitiger Diensteifer Euch verhinderte, das Ge¬ ständnis abzulegen, eben als die süßen Worte Euch auf den Lippen schwebten. In der nächsten Minute schmetterten die Trompeten — ich mußte scheiden. Aber Euer Bild folgte mir, umschwebte mich am Tage wie in die Schlacht. Endlich komme ich heute in Eure Nähe, eile zu Euch, sehe, wie Ihr die Arme nach mir ausbreitet, meinen Namen ruft mit zärtlichem Verlangen, und nun wollt Ihr fliehen? Ohne ein Wort hervorbringen zu können, hatte Klara dagestanden, und endlich, da sie sah, daß sie nicht ver¬ möge, dem getäuschten Manne ihre Hand zu entziehen, diese ihm gelassen. Ihrem weichen Herzen ward esso chwer, ihn seinem Irrtum zu ent¬ reißen; und dennoch — konnte sie anders? „Herr Oberst!“ begann sie daher mit sanfter Stimme. „Nicht diese Förmlichkeit!“ unter¬ brach er sie und suchte sie zu umschlin¬ gen,— „nennt mich Axel, heut' und immer, wie Ihr mich vorhin nanntet! Wollt Ihr? „Ich kann nicht!“ hauchte die Jung¬ frau und bot ihre letzte Kraft auf, dem Ungestümen zu entfliehen. „So laßt die Scheu doch endlich!“ rief jetzt, ärgerlich durch den Widerstand, der Oberst in etwas barschem Tone, „ich weiß, Ihr seid mir ergeben, warum denn also dieses Sträuben? Und mit Gewalt suchte er das Mäd¬ chen in seine Arme zu ziehen, das, aufs äußerste gebracht, um Hilfe rief. „Zum Teufel wär' das Zimpern!“ rief er rauh,— „glaubt Ihr, ein Kriegsmann habe Muße, Euch viel von Liebe vorzugirren? Laßt Eure Gecken in der Stadt wie zarte Tauben Euch umflattern—dem Krieger mutet solches Gaukelspiel nicht zu. Sieg ist sein Wahlspruch oder Tod!— Jul kühnen Fluge strebt er nach dem Ziele Mein Ziel seid Ihr— s0 — Klara! fuhr er in rauhem Tone fort, als er wieder den schlanken Leib der Jungfrau umschlingen wollte, und sie nur heftiger ihn abwehrte und lauter um Hilfe rief; „Klara! Wie deut' ich dieses Sträuben zu Eurem Liebeswort von vorhin?“ 77 „Nicht Euch galt jenes Wort „Ha, Höll' und Teufel!—Wem wem galt es?“ fuhr der Enttäuschte auf und heftete sein blitzendes Auge in wilder Leidenschaft auf das zitternde „ Maochen, das bleicher ward als das Tuch, mit dem sie das Gesicht bedeckte. „Wem galt der Ruf? Wer ist der Axel, nach dem Euch verlangt?“ Gespannt hingen seine Augen an der Jungfrau Lippen, die sich bemühte, zu sprechen und es doch nicht vermochte. „Laßt mich, Herr Oberst!“ bat sic endlich sanft und versuchte von neuem, sich dem wilden Manne zu entwinden. „Nicht um die Welt, bis Ihr ge¬ sprochen!“ rief er heftig, aber in ent¬ schiedenem Tone. „Und wer gibt Euch ein Recht, zu fragen?“ ermannte sich jetzt Klara und vermochte den frommen, sanften Zügen mit Gewalt einen zürnenden Ausdruck zu geben. „Der Krieg, mein Täubchen, meine Macht!“ sprach Ralstädt mit schlecht verhehlter Kriegeranmaßung. „Wer hat mir Euer Herz gestohlen, da Ihr

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