Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1911

Italien. Am 2. Dezember 1909 gab das Mini¬ sterium Giolitti infolge der, dem Entwurf ungünstigen Wahlen in den mit der Be¬ ratung seines Steuerreformentwurfes be¬ trauten Kammerausschuß seine Demission Ihm folgte ein Ministerium Sonnino, das seinerseits wieder am 21. März 1910 wegen einer Schiffahrtskonventionsvorlage, die es in der Kammer nicht durchzubringen befürchtete, demissionierte, um einem Mini¬ sterium Luzzatti Platz zu machen. In den Beziehungen Italiens zum Dreibund wurde durch diese verschiedenen Minister¬ Björnstjerne Björnson. krisen nichts geändert. — Am 23. März be¬ gann um ¼9 Uhr früh eine Eruption des Atna in Sizilien, wobei sich rasch in der Höhe von 2300 Meter vier, Asche, Lava und Steine auswerfende Schlünde öffneten, die sich allmählich auf 16 erhöhten. Die Front des Lavastromes hatte am 25. März 1910 bereits eine Breite von zwei Kilo¬ meter und rückte um ungefähr 10 Meter in der Minute vor. Die Ortschaften Nico¬ losi, Belpasso und Borrello waren an diesem Tage bereits schwer gefährdet. Der angerichtete Schaden betrug bereits 4 Mil¬ lionen. Am 26. März 1910 wurde dann gemeldet, daß die Eruption zum Stillstand 91 gekommen und die Gefahr überwunden sei. Am 1. April 1910 hatte die Eruption tat¬ die bedrohten sächlich plötzlich aufgehört Am 7. Juni Ortschaften waren gerettet. — 1910 ereignete sich in der Provinz Avellino eine Erdbebenkatastrophe — die schwerste seit der Katastrophe von Messina und Reggio di Calabria — 27. bis 28. Dezember 1908 — von welcher die Stadt Calitri — in deren Stadtviertel Rio Castello fast alle Häuser einstürzten — am meisten betroffen wurde. Es gab in der Provinz im ganzen 35 Tote und einige hundert Verletzte; der Schaden wurde auf mehrere Millionen be¬ wertet. Am selben Tag wütete ein furcht¬ barer Wirbelsturm auf der östlich von Sardinien gelegenen Insel Ogliastro, der an Feldern und Viehbeständen ebenfalls einen Schaden von Millionen anrichtete und 500 Personen, darunter zahlreichen Fischern, die auf ihren Booten von dem Elementarereignis überrascht wurden, das Leben kostete. Frankreich. Am 20. Juli 1909 erlitt das Ministerium Clémenceau aus Anlaß einer Debatte über Mißbräuche in der Marine in der Depu¬ tiertenkammer eine Niederlage; es blieb in der Minorität und gab sofort seine De¬ —1 mission, die vom Prasidenten der Republik angenommen wurde. Es gab viele franzö¬ sische Politiker, die da meinten, Clémenceau wäre gefallen, weil er es eben so wollte und des Regierens müde war. Ein vehe¬ menter Angriff Clémenceaus auf den ge¬ wesenen Minister des Außern Delcassé, in welchem er letzterem unter Hinweis auf die Algecirasakte vorwarf, er (Delcassé) habe Frankreich erniedrigt, war teilweise mit Schuld an Clémenceaus Niederlage An die Spitze des neuen Kabinetts trat Ministeriums der Justizminister des Clémenceau, Aristide Briand. — Nachdem die Mandatsdauer der Kammer abgelaufen, wurden für den 24. April 1910 die allge¬ meinen Neuwahlen ausgeschrieben. Sie ergaben keine merkliche Verschiebung der Kräfteverhältnisse der politischen Parteien in der Kammer.

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