Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1911

Allmählich verschob sich indessen in Europa das Stimmungsverhältnis ein wenig zuungunsten Cooks, obwohl ihm von seiten der Geographischen Gesellschaft in Kopenhagen die große goldene Medaille zuerkannt und ihm dieselbe vom Kron¬ prinzen selbst überreicht wurde, obwohl ihm am 9. September das Ehrendoktor¬ diplom der Kopenhagener Universität in Gegenwart des Kronprinzen feierlich ein¬ gehändigt wurde. Hatte doch der Umstand etwas enttäuscht, daß Cook bis 7. Septem¬ ber nicht in der Lage war, glaubhafte Be¬ weise dafür zu erbringen, daß er wirklich zum Nordpol vorgedrungen; hatte doch der Freiherr Detlev v. Liliencron † Vortrag, den Dr. Cook an dem Abend dieses Tages in der Kopenhagener Geogra¬ phischen Gesellschaft hielt, statt den er¬ warteten wissenschaftlichenArgumenten nur eine Wiederholung seiner Mitteilungen an den Korréspondenten der „New York Herald“ und an die Offiziere des Dampfers „Hans Egede“ — ohne Vorlage von Karten oder Tabellen — gebracht. Die Folge davon war wohl, daß Dr. Cook die ihm in Aussicht gestellte große goldene Me¬ daille für Kunst und Wissenschaft mit der Krone — die bis dahin nur Nansen und Sven Hedin besaßen — nicht verliehen wurde, überhaupt jede Auszeichnung seitens des dänischen Königs ausblieb. 77 Am 10. September verließ dann Dr. Cook Kopenhagen, um — ohne, wie früher be¬ absichtigt, Brüssel zu besuchen — direkt nach New York zu fahren. Von da an mehrten sich dies= wie jenseits des Atlanti¬ schen Ozeans die Zweifel in die Berichte Cooks über seine Erreichung des Nordpols. Peary aber wurde immer kühner in seinen Angriffen gegen Dr. Cook. Bereits am 14. September erklärte er, daß er der ein¬ zige Mensch sei, der den Nordpol erreicht, daß er festgestellt habe, daß Cook den Pol nicht erreicht habe, daß er exakte Be¬ weise für diese Feststellung besitze; daß er beabsichtige, auf Cooks Veröffentlichung zu Prof. Dr. Robert Koch f warten, dann werde er seine Informationen abgeben, über die von wissenschaftlicher Seite das Urteil gefällt werden wird und dann werde von Cooks Beweisen nichts mehr übrig bleiben. Endlich hatte Cook, der unterdessen zum Ehrenbürger von New York ernannt wor¬ den war, dann doch durch seinen Sekretär Lansdale die Tagebücher und sonstiges wissenschaftliches Material über seine Nord¬ polfahrt dem Konsistorium der Universität obwohl Kopenhagen vorgelegt, welches — es sich nur um Abschriften und nicht um Originaldokumente handelte — eine eigene Kommission mit der Prüfung dieser Vor¬ „ lagen betraute. Diese Prüfung fiel aber fur

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