72 nisse so wenig günstig, daß nur verhältnis¬ mäßig selten den Astronomen und insbe¬ ondere dem Publikum — besonders bei uns — Gelegenheit geboten war, den inter¬ essanten Himmelsvagabunden mit den Apparaten oder gar mit freiem Auge zu erblicken, wozu noch insbesondere in der —jene des Erddurch¬ wichtigsten Zeit ganges — die ungünstige Konstellation mit dem Monde die Beobachtung des Schweif¬ phänomens stark hinderte. Es wurden eben die ungünstigen Be¬ wölkungs= und Nebelverhältnisse des Him¬ mels während der sonst günstigsten Beob¬ achtungsperiode des Halleyschen Kometen erwähnt; dem sei gleich hinzugefügt, daß die ganze diesmalige Kometenepoche, das ist die Zeit vor dessen Erscheinen am Him¬ mel und nach dessen Verschwinden, sowie während dessen Sichtbarkeit, somit durch Monate eine abnorme Witterung und eine ganze Reihe von Wetterkatastrophen in den verschiedensten Ländern, so in Italien, Deutschland, Serbien, Frankreich, Ungarn und Österreich zu verzeichnen hatte, die von vielen mit dem Erscheinen des Halley¬ schen Kometen in Verbindung gebracht wurden — Abergläubische werden wohl auch das Wiederauftreten der Cholera in Rußland, die verschiedenen Erdbebenkata¬ trophen, welche die Welt heimsuchten und weiß Gott was alles noch auf das Konto des armen, erlöschenden, in dieser Be¬ ziehung gewiß unschuldigen Himmelstrotters gesetzt haben — die Wetterkundigen leugnen aber einen solchen Zusammenhang zwischen abnormer Witterung sowie Wetterkata¬ strophen und dem Halleyschen Kometen. Und nun zur Nordpol=Affäre — man kann die Sache wahrlich kaum anders be¬ zeichnen. Am 2. September 1909 erschien in den Tagesblättern eine vom 1. Sep¬ tember datierte offizielle Depesche folgenden überraschenden Inhalts: „Kopenhagen, 1. September. Ritzaus Bureau meldet: Der der Ad¬ ministration für die grönländischen Kolo¬ nien gehörende dänische Dampfer „Hans Egede' passierte mittags Lerwick. Der an Bord befindliche Inspektor für Grönland sandte von Lerwick an die Administration in Kopenhagen folgendes Telegramm: Hier an Bord der amerikanische Rei¬ sende Dr. Cook, welcher auf seiner Nord¬ polexpedition am 21. April 1908 den Nordpol erreichte. Dr. Cook traf im Mai 1909 von Kap York in Upernwik ein. Eskimos von York bestätigen die Richtig¬ keit von Cooks Reise.“ Gleichzeitig meldete eine vom 2. Septem¬ ber 1909 datierte Pariser Depesche: „Der „New York Herald' veröffentlicht eine Depesche des Dr. Cook, laut welcher er den Nordpol entdeckte. Die letzte Spur des Festlandes, die unter 84 Grad 47 Minuten Breite und 86 Grad 36 Minuten Länge festgestellt wurde, konnte nicht näher erforscht werden. Man marschierte dann über eintönige, in steter Bewegung befindliche Eisfelder, aus denen jegliche Spur organischen Lebens fehlte. Am 8. April 1908 lagerte man unter 86 Grad 36 Minuten Breite 94 Grad 2 Minuten Länge.“ Die Nachricht, daß Dr. Frederik Albert Cook (alias Koch), ein amerikanischer Arzt deutscher Abkunft, der zu den ernsten For¬ schungsreisenden Amerikas gezählt wurde und der bereits mehrmals an Pearys Nord¬ polexpeditionen teilgenommen und diesmal am 4. Juni 1907 New York auf einem Fischerboote verlassen hatte, um zunächst in arktischen Regionen zu jagen, den Nord¬ vol erreicht, wurde nach ihrem Eintreffen —obwohl außer Dr. Cook selbst kein owohl in Zeuge für dieselbe vorliegt — Europa als in Amerika fast allgemein ge¬ glaubt und weitere detaillierte Meldungen schienen deren Richtigkeit zu bestätigen. In der Beschreibung, die Dr. Cook selbst von den Shetlandsinseln aus über seine Polarreise nach New York sendete, hieß es „Nach einem langen Kampfe gegen Hun¬ gersnot und Fröste ist es uns endlich ge¬ lungen, den Nordpol zu erreichen. Ein neues Land mit interessanten Erscheinun¬ gen der belebten Natur ist nunmehr er¬ forscht. Gewaltige Höhlen, in denen sich allerlei Wild aufhält, sind in jenen Ge¬ bieten festgestellt worden, die das Entzücken des Sportsmannes bilden und den Hori¬ zont der Eskimos erweitert haben. Ein
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