Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1911

Ein Glück, daß Frau Bergheim zu dieser Zeit des höchsten Glanzes ihres Schwiegersohnes starb; der Tod hat ihr viel Kummer und Leid erspart. Die Zeit verlief! Fritz war mehr und mehr vom Haus abwesend. Nore wußte damals schon, daß er Unsummen verspielte; aber sie schwieg darüber. Einigemal hatte sie gewagt, ihm Vor¬ stellungen zu machen, doch seine Er¬ widerung war nicht allzu freundlich ausgefallen. Er sei Herr, und jeder 8 855 6200 müsse sich in seinem Hause nach ihm richten, er lasse sich keine Ratschläge erteilen, auch nicht von seiner schönen nur leider allzu herrschsüchtigen Frau. Nach solchen Auftritten war er zur Stadt gefahren und immer erst spät in der Nacht nach großen Spielverlusten heimgekehrt. Deshalb wurde Nore klug und schwieg. Überhaupt änderte sich mit der Zeit Fritzens Art und Weise gegen sie. Oft, namentlich, wenn fremde Geschäftsleute, die Nore bei Horst nie gesehen, mit ihm gerechnet hatten, war er rauh und auffahrend. 55 Die gewöhnliche Folge solcher Besuche war, daß er zum „Stern“ hineinfuhr und erst nach Mitternacht heimkam Fritz hatte es wohl nur nach der ver¬ botenen Frucht gelüstet, nun, da er sie da er vor allem Bornstedt besaß, war sie ihm weniger wert, sie war nicht mehr verboten. Doch das alles hätte Nore noch hingehen lassen, aber es kamen ihr sonderbare Gerüchtezu Ohren, wie ihren Mann nicht bloß das Spiel in den „Stern“ locke und so r üppig lange dort festhalte. D schöne Tochter, die rote Suse, war weit und breit als leichtfertiges Ding be¬ kannt, und wenn nun die Leute von der roten Suse sprachen, redeten sie auch von Fritz. Aber Nore gedachte an Horst und schwieg. Nur wollte es ihr doch manchmal eigen zu Mute werden, wenn sie saß und träumte und dachte ob wohl Fritz auch wirklich der Rechte gewesen. In der Sonnwendnacht ward nach alter Sitte ein großer Ball im „Stern veranstaltet. Diesmal sollte dieser Ball

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