52 Mama sagte freudig „Ja“ zu seinem Begehr; Nore aber hatte sich den Rech¬ ten ganz anders gedacht. Reich war er, auch gut, aber mehr als vierzig Jahre waren über seinem Haupte dahinge¬ zogen; auch ließ seine ganze Erschei¬ nung viel an Eleganz zu wünschen übrig. Als er mit schwankender Stimme fragte, ob auch Nore ihr Ja¬ wort gebe, da brachte diese mühsam hervor, Herr von Bornstedt möge ihr vierzehn Tage Bedenkzeit gewähren. Bald darauf verabschiedete sich Horst Bornstedt. Frau Bergheim flüsterte, ihn auf die Diele geleitend, er möge sich auf sie verlassen, sie habe ihr Wort gegeben und das gelte auch für das Kind. Horst aber bestand darauf, daß Fräulein Nore ohne Beeinflussung ein¬ willigen müsse, sein Frau zu werden. Er schied, und es wurde der Mutter nicht allzu schwer, das spröde Töchter¬ chen zur Heirat zu bewegen. Der Zins □ war rückständig, das Leben wurde täg¬ lich teurer, der Verdienst dagegen ge¬ ringer, wie sollte man da weiter leben. Wenn aber Nore einwillige, Frau von Bornstedt zu werden, sei auf einmal aller Sorge Ende. Dann wohne man warm und sicher im stattlichen Herren¬ hause. Jetzt könne sich Nore neben ihren Freundinnen kaum sehen lassen, so fadenscheinig und verblichen seien die oftmals geänderten Kleider. Aber als Frau von Bornstedt könne sie sich die Toiletten aus der Hauptstadt kom¬ men lassen; sie möge das alles beden¬ ken, sprach die kluge Mutter. Als Horst nach vierzehn Tagen vorsprach, hatte sich Nore bedacht und verlobte sich mit ihm. Der Sommer verging, nach der Ernte mahnte Horst an die Hochzeit und im Spätherbst zog Nore als Her¬ rin auf Bornstedt ein. Das einzige Gut, das sie mitbrachte, war ein kost¬ bares Perlenhalsband mit antiker Schließe, die mit Diamanten besetzt war. Das Perlengeschmeide vererbte sich schon seit drei Jahrhunderten in der Familie der Frau Bergheim von Mutter auf Tochter und war immer wie ein Talisman verehrt worden. Das Schmuckstück lag in einem alter¬ tümlichen, schön geschnitzten Kästchen; auch die äußerste Not hatte der Frau Hauptmann das Kleinod nicht ent¬ reißen können; sie empfahl es nun Norens größter Sorgfalt. Nore hatte sich gefügt und die Mutter pries alle Tage ihr Glück, aber der Rechte, so ganz der Rechte war Horst nicht und wurde es auch nicht. Horst war voll Liebe und Güte gegen Nore, er erfüllte alle ihre Wünsche, sie durfte schalten und walten nach ihrem Sinne, sie konnte Badereisen machen und galt überall als die schöne Frau des reichen Bornstedt. Frau Bergheim war glücklich. Aber wenn Nore daheim saß, erinnerte sie sich, daß ihr zwanzigster Geburtstag noch fern sei, und der gute Horst hatte doch auch Launen und Schrullen, die der jungen schönen Frau gar nicht be¬ hagten. Er erinnerte auch, obgleich ganz leise, daß sie vielleicht doch der lässigen Mägde etwas genauer achten möge, auch würde es nützlich sein, wenn sie zuweilen in Küche und Vorrats¬ kammer Umschau halten wollte. Nore hatte von der Leitung eines großen Haushaltes keinen Begriff; in dem kleinen Heim ihrer Mutter gab es keine Gelegenheit, dies zu lernen überdies hatte sie auf das bequemste Leben bei ihrem alten Manne gehofft. Was konnte er ihr anderes bieten Und nun auch dies nicht! Frau Bergheim fand ihre Tochter manchmal in Tränen und da unter¬ ließ sie es leider nicht, den Funken des Unfriedens zu heller Flamme schüren zu helfen. Sie habe ihren Augapfel nicht hergegeben, daß sie arbeiten und sich plagen solle bei dem reichen Schwiegersohne, da wäre es klüger ge¬ wesen, die Heirat zu unterlassen, meinte sie. Horst ward immer mürrischer, Nore und Frau Bergheim immer anspruchs¬ voller. Um den täglichen Reibereien
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