liche, mondbeschienene Landschaft traf kein Blick — sie horchte und lauschte nur ins Haus hinunter, bis dort das letzte Leben erstorben war. Dann schlich sie leise aus der Kammer nach dem Heuboden hinüber. Dort lag allerhand Werkzeug. Mit einem Hammer und einem Nagel kehrte sie zurück. In ihrem Stübchen brannte ein ge¬ weihtes Wachslicht — die Mutter hatte es von der letzten Wallfahrt nach Birkenstein mitgebracht. Bei seinem lackernden Schimmer kramte sie in ihrer Schrankschublade. Zu unterst her¬ vor holte sie etwas. Sein Bild. Sie betrachtete es lange mit verzehrenden Blicken. „Martl! Martl!“ schluchzte sie dann in wildem Schmerz, preßte die Lippen auf das Bild und barg es an ihrer heißen Stirn. Nach längerer Weile richtete sie sich auf. „Wem gilt der Blick?“ fragte sie, unter Tränen das Bild betrachtend. „Ihr! Wem gilt all sein Denken, sein Handeln, sein Leben? Ihr? Sie als sein Weib zu sehen, ihr Glück mit an¬ zuschauen — i halt's net aus! Mein, oder für keine — tod!“ Sie raffte sich auf, ergriff das Werk¬ zeug und heftete mit leichtem Hammer¬ chlage das Bild an die Wand. Da ver¬ nahm sie ein Geräusch — unten um das Haus her. Leise Rufe wurden ver¬ nehmbar. Eine Blutwoge schoß ihr ins Herz. Wenn er es wäre, wenn seine Liebe in Reue zu ihr zurückkehrte? In wahnsinniger Sehnsucht eilte sie an das Fensterchen. „Leni!“ rief es unten. „Leni!“ Es war Veitl. „Was willst denn du?“ stieß sie zor¬ nig und enttäuscht hervor. „I hab' dich nur noch einmal sehen wollen heut, Leni!“ flüsterte der unten. „Weil du heut gar so lieb warst mit mir, läßt mich die Unruh' net schlafen. Leni, geh, sag mir, könntest mich 77 doch vielleicht gern haben „Sei still!“ rief sie heftig. „Weck' die Leut' net auf und bring' mich net ins 5 Gered'!“ Dann schloß sie das Fenster und warf sich auf den Betschemel. Enttäuscht schlich der Bursche da¬ von. „O, was für ein anderer, was für ein stolztrutziger, prächtiger Mensch war der Martl. Der bettelte und flehte nicht — der konnte herrschen und ge¬ bieten! Dem konnte ein stolzes Herz untertan sein, so demütig wie ein sanftes Lamm! Der konnte ein Leben ganz ausfüllen, der konnte glückselig machen, daß man die ganze Welt ringsum vergaß! Den glühenden Kopf in den heißen Händen geborgen, lag Leni auf ihrem Betschemel und sann und sann. Jedes Wort, das sie mit dem Geliebten ge¬ sprochen, jede Minute, die sie mit ihm verbracht, stieg vor ihr in klarer Er¬ innerung herauf; bis in die fernste Kinderzeit zurück entsann sie sich dieses und jenes gemeinsam erlebten Ereig¬ — nisses. Es war ihr, als seien ihrer beider Leben so miteinander verwach¬ sen, daß beide verbluten müßten, wenn man das eine von dem anderen risse. Stunden verrannen so, schon wich die Nacht einer bleifahlen Dämmerung, noch kauerte Leni mit zitternden Hän¬ den auf der Bank vor dem Bild und grübelte der verlorenen Liebe nach. Da regte es sich wieder um das Haus. Feste, rasche Schritte waren es, die erklangen. Leni eilte wieder an das Fenster. Ihr so¬ Blick erkannte den Vorübergehenden ort. Es war Martl. „Martl!“ flüsterte sie unbewußt aus tiefster Seele heraus. Der Bursche sah einen Augenblick herauf. „Ah, grüaß di Gott!“ sagte er spöt¬ tisch. „Bist aa schon auf! Lauerst leicht schon wieder, ob kein dummer Bua sei Herzl auf d' Alm tragt in aller Fruah daß du's ihm wegfischen könntest?“ Ihre Hände ballten sich, ihre Augen glühten, ihr Herz zuckte zusammen. „Martl,“ rief sie noch einmal, „nimm Martl!“ die höhnische Red' z'ruck.— „I hab' kein' Zeit“, antwortete er. „J muß a Edelweißsträußl von der
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