Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1910

AvrU. 141 lasse» den bühnengewandtenDichter erkennen, der seines Erfolges sicher sein kann. Der Stoff, eine mystische religiöse Sage, erscheint sannt in geschmeidigster Behandlung zu einem Guße geformt, der einen guten Klang gibt, und sich gewiß zur Aufführung an größeren Bühnen eignet, wonach insbesonders die großangelegte Inszenierung des zweiten und vierten Bildes geradezu ver ­ langt. Das Stück ist in drei Akten und sechs Bilder geteilt. Es beinhaltet die be ­ kannte Legende der Entstehung der „Himmelpfortgasse" in Wien, die im13. Jahrhundert „Traibolengasse" hieß und in welcher sich das Kloster der Augustinerinnen befand. Musikdirektor Franz Bayer hat sich in den Dienst des Autors gestellt und hat zum Morgenruf des Türmers im dritten sowie zum großen Kinderreigen im vierten Bilde eine prächtig angepaßte, wunderhübsche Musik geschrieben. DieHauptrolle lag in den Händen der Marie Nescheneder, welche die Gräfin Marie mit einer weil über den Dilettantismus hinausreichenden Gewandt ­ heit zur gefühlvollsten Wiedergabe brachte. Ihr zur Seile wurde Gustav Neweklowsky als Ritter Kurt von Rosenberg von der Kunst seiner Partnerin zu einer ganz ent ­ sprechenden abgerundeten Leistung mitge ­ rissen. Ganz außerordentlich herzig und reizend gab die kleine Elli Reithoffer den kleinen Jsmaöl, den von Mutterliebe über ­ schwellenden Sohn der Gräfin. Aeußerst gemütvpll, mit trefflicher Charakteristik gab Julie Bayer die alte Gräfin Lichtenstein. Sehr schön und stilgerecht sprach Karl Hofer den Pilger im ersten Bilde. In den übrigen größeren Rollen taten sich verdienst ­ vollst hervor Fanni Kopera als Aebtistin, Hans Hofer alsKlosterpfarrer, LotteDobias als erste Klosterschwester, sowie Mizzi Stiasny als Dienstmagd Alfra und Olga von König als Engel Raphael. In der stummen Rolle der Muttergottes zeigte Mizzi Mayr eine bewunderungswürdige Setvstbeherrschung. Als Klosterschwestern wirken mit Helene Gerzer Anni Sommer ­ huber, Betti Jungmayr, Mizzi Lobitzer und Marie Spatzenegger, als Mägde Marie Gründler und Mizzi Fischer, welche ihre Plätze mit bestem Erfolge ausfüllte». Ueberaus lieblich war das farbenreiche, Auge undOhr fesselndeBild des entzückenden Frühlingsreigen der 28 Kinder. Hiebei wirkten mit: Hermann Spängler alsWinter in Begleitung des Reifes und des Schnees, dargestellt von Egon Frisdinger und Waldemar von Buddenbrock; Adolfine Gründler, ErnaWorring, Leonie Pauchenne, Johanna Drahowsal, Gisela Dobrauz, Hertha Kosch, Cäcilie Willner, Helene Landsiedl, Grete vonWebenau als Blumen, nnd die zivei allerliebsten Kleinsten Mizzi Bayer und Gerti Reithoffer als Vergiß ­ meinnicht; ferner Milena Friedinger, Hilda Heiser, Ella Kirchhoff, Emmy Stalzer. Mizzi Schmölzer als Schmetterlinge und Käfer; Renä Friedinger, Willi Mareck, Egon Peter, Franz Wanka als Maikäfer und Anton Aigner, Otto von Langer, Andreas Migschitz und Emil Guyer als Landburschen. Den Glanzpunkt des herr ­ lichen Bildes bildete wieder Elli Reithoffer als siegreicher König Mai. Der Kooperator Johann Egger von Grnnbnrg kam als Hilfspriester an die Borstaotpfarre Steyr. An seine Stelle kam nach Grimburg Kooperator Johann Lechner von Münzbach, gebürtig aus Peuerbnch. In der Pfarrkirche zu Steinbach fand die Vermählung derMarie Stieglechner mit Franz Eidenberger, k. k. Steuerassistenten in Grünburg, statt. 23. Jin allgemeinen Krankenhause zu Wiesbaden ist der PrivateWilhelm Klein aus Steyr nach längeremLeiden in seinem 73. Lebensjahre verschieden. Er war erst vor dreiWochen von Steyr nachWiesbaden gefahren, ivo er erst vor einigen Tagen wegen neuralgischen Anfällen in das allge ­ meine Krankenhaus überbracht werden mußte. Leider verschlimmerte sich sein Zu ­ stand so, daß eine Rettung nicht mehr möglich ivar. 1836 zu Petersburg geboren, kam Wilhelm Klein 1875 nach Sieyr und wurde Mitbesitzer der später in andere Hände übergegangenen Neichraminger Messingfabrik. Vom Jahre 1877 bis 1891 war er Oberkommandant der Freiwilligen Feuerwehr in Steyr. Im Jahre 1880 fungierte er als Sekretär des Zentralausfchusses für die 900jährige Bestandfeisr der Stadt Steyr, für welch diesbezügliche aus ­ gezeichnete Wirksamkeit ihm mit Gemeinde ­ ratsbeschluß vom 30. August 1880 das Ehrenbürgerrecht der Stadt Steyr verliehen wurde. ImJahre 1881 wurde er iu den Gemeinderat der Stadt Steyr gewählt, welchem er bis 1888 angehörte; er war Mitglied und durch einige Jabre ObmannStellvertreter der 1. Sektion. Von 1882 bis 1887 gehörte er dem Sparkasseausschusse in Steyr an und war Direktionsmitglied des ­ selben. Der Verewigte war ein vielseitig gebildeter Mann mit sehr gewinnenden llmgangsformen und in allen Kreisen der Stadt hochgeschätzt und geehrt; als stets großer und stiller Wohlräter der Armen und Dürftigen wurde sein Heimgang tief be ­ trauert. Allen öffentlichen Fragen brachte er stets großes Verständnis entgegen und ivar nach Kräften bemüht, größere Unternehmun ­ gen der Stadt durch Beiträge zu fördern. Seine Gattin Alexandrine ist ihm im Tode am 1. Oktober 1905 vorausgegangen. Ein Sohu trauerte an derBahre seines geliebten Vaters. Seitens der Stadtgemeinde Steyr

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