Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1910

130 Februar. heit seiner Formen lahmlegt nnd den Platz unbedingt verschandelt. „Wenn nicht die alte Fassade erhalten bleibt", sührt er weiters aus, „d. h. erhallen bleiben werden kann, dann haben wir einen der traulichsten, stillsten Winkel, einen Erholungsort für Auge, Herz undGemüt verloren, einen jener Orte, deren unsere nervöse, hastig fort ­ schreitende Zeit so dringend bedarf." Am 8. März weitten eine Reihe von kompetenten Persönlichkeiten ausWien und Linz inSteyr, um eine Besichtigung des nach dem Ge ­ meinderatsbeschlusse der Demolierung ge ­ weihten Innerberger Stadels vorzunehmen und die Postfrage in Steyr zu besprechen. An dieser Kommission nahmen teil Hosrat Binder und Oberbaurat Petri von der Statthalterei in Linz, Hosrat Hoheisel als Vorstand der Postdirektion in Linz, Hosrat Professor Neuwirt und Oberbau ­ rat Deininger als Mitglieder der k. k. Zentralkommission für Kunst- und historische Denkmale in Wien, Kreisgerichtspräsident Ha n del - Mazet t i, Bürgermeister Lang mit denObmännern der vier Sektionen des Gemeinderates,SlahlschnittmeisterBlümelhuber n. a. Den Vorsitz der Kommission führte Hofrat Binder. Nach eingehender Besichtigung des Innerberger Stadels nnd der übrigen in Betracht gezogenen Projektsplätze, darunter als neues Projekt auch des Gasthofes „Zu den drei Hacken" in der Bahnhofstraße, welches aber als untauglich befunden wurde, versammelten sich die ge ­ nannten Herren im Amtszimmer des Herrn Bürgermeisters zu einer Besprechung, deren Ergebnis war, daß sich die k. k. Zentral ­ kommission neuerdings dafür einsetzen ivird, daß in Steyr ein neues Justizgebäude ge ­ baut werde, sodaß das alle Kreisgerichtsgebäude am Skadlplatze als Postamt Ver ­ wendung finden kann. Die Stadtgemeinde verpflichtete sich hingegen, bis l. Mai d. I. mit dem Abbruche des Innerberger Stadels zu warten. Zu bemerken ist noch, daß an Bürgermeister Lang ein Telegramm und ein Schreiben des Erzherzogs - Thronfolgers Franz Ferdinand eingelangt war, worin derselbe der Hoffnung Ausdruck gibt, daß der Innerberger Stadel der Stadt Steyr als Baudenkmal erhalten bleibe. In einer am nämlichen Tage nachmittags im Ge ­ meinderate zur Kenntnis gebrachten Er ­ klärung der Gemeindevertreter wurde be ­ merkt, daß sich die Stadtgemeinde jedoch ausdrücklich vorbehält, in dem Falle, als bis I. Mai 1909 derselben die definitive Zustimmung zur Durchführung dieses Pro ­ jektes seitens der berufenen k. k. Behörden nicht unwiderruflich mitgeteilt sein sollte und nicht hinlängliche Garantie geboten worden wäre, daß diese Transaktion bis Mai 1911 auch ausgeführt werden würde — die Ausführungen des bereits akzeptierten und mit der Demolierung des Innerberger Stadels verbundenen Projektes am Grün ­ markt ohne Verzug in Angriff zu nehmen. Bürgermeister Lang hat an den ErzherzogThronfolger, der zugunsten der Erhaltung des Innerberger Stadels Veranlassung ge ­ nommen hatte, einen Bericht über diese Bauangelegenheit gesendet und an den Schluß dieser ausführlichen Darlegungen die Frage geknüpft, ob nach den ange ­ führten Gründen noch an der Erhaltung des Innerberger Stadels festgehalten werden soll. Durch die Statthalterei kam darauf die Antwort, Se. Hoheit halte nach wie vor an der unbedingten Erhaltung des Innerberger Stadels fest. In der Gemeinderatssitzung gelangte die Postamtsfrage neuerdings zur Beratung, bei welcher zwei neueProjekte inDiskussion gezogen wurden, u. zw. das ehemalige Bahndirektionsgebäude gegenüber demBahnhöfe zumKreisgerichts ­ gebäude zu adaptieren, wodurch das alte Kreisgerichtsgeböude zur Verwendung als Postgebäude frei würde, oder das Postamt im Dornhaus, Grünmarkt Nr. 1, einzu ­ mieten und dieses Haus zu Postzwecken zn adaptieren. In derselben Sitzung wurde weiters in dieser Frage noch beschlossen, eine Deputation, bestehend aus Abg. Prof. Erb, Bürgermeister Lang, Vizebürger ­ meister Köstler und den Gemeinderäten Millner und Tur eck an diemaßgebenden Zentralstellen nach Wien zu entsenden. Die Herren waren auch im Finanz-, HandelsundArbeitsministerium, woihnenversprochen wurde, sich derSache anzunehmen. Bindende Zusagen wurden aber nicht gemacht. Abge ­ ordneter Erb hat außerdem einige Tage nach der Intervention dieser Deputation noch mit Minister für öffentliche Arbeiten, Se. ExzellenzRill, über die Postangelegen ­ heit Sieyrs Rücksprache gepflogen, worauf dann am 14. Juli in Sleyr über Einschreiten des Arbeitsministeriums neuerlich kommissionelle Erhebungen gepflogen wurden. Als der Kalender Ende September dem Drucke übergeben wurde, erfolgte (21. Sept.) seitens des k. k. Statthalters eine Jnterpellationsbeantwortung, betreffend dieUnter ­ bringung der k. k. Post in Steyr. In den Mitteilungen, die da gemacht wurden, kam eigentlich nichts neues zur Sprache. Es verlautete, daß das letzte Projekt, bezüglich Unterbringung der k. k. Post imsogenannten DornHause, beim Ministerium zur Ge ­ nehmigung erliegt und daß von dort noch keine Entscheidung erflossen ist. Der Miet ­ vertrag über die jetzigen Lokalitäten des Postamtes Steyr I läuft am 30. April 1911 ab und kann erst ein Jahr vor demAblauf ­ termin gekündigt werden. Hoffentlich wird aber rechtzeitig den allseils anerkannten unhaltbaren Zuständen abgeholfen werden.

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