Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1910

Dezember. 117 Schulen abgehalten, worauf der Hauptfestgoltesdienst in der Stadtpsarrkirche stattfand, dein ini Rathaussitzungssaale eine Festversammlung folgte, ivorau sämtliche Behörden und Aemter, die Offizierskorps der Garnison, vieleHonoratioren, dieSchul ­ leitungen und Vertreter vieler Vereine und Institute derStadt teilnahmen. DasBürger ­ korps und derMilitärveteranenvereiu waren mit ihrenMusikkapellen inParade ausgerückt. ZudenHauptmomentendesFestgottesdienstes gab das Bürgerkorps Dechargen ab, sowie auf der Ennsleite Böllerschüsse krachten. Der Kirchenchor brachte unter der Leitung des Musikdirektors Franz Bayer die präch ­ tige „Mariazeller-Messe" von Josef Haydn zur Aufführung. Bei der Festversammlung hielt Bürgermeister Lang eine patriotische Ansprache, welche der Feier ves Tages galt und in ein dreimaliges Hoch auf den Kaiser ausklang. Von halb 1l bis 12 Uhr vormittags blieben alle Geschäfte in der Stadt geschlossen. Auch in der evan ­ gelischen Kirche sowie im israelitischen Bethause fanden Festgottesdienste statt. In den sämtlichen Schulen der Stadt wurden für dieSchüler besondere Kaiser-Jubiläums ­ feiern abgehalten. Abends fand ein Fest ­ konzert der Bürgerkorpskapelle in den Brnuhaussälen statt. Große Teilnahme, wie im ganzen Lande so auch in Steyr, erregte das unvermutete schnelleAbleben des hochwürdigstenBischofes in Linz, Se. Exzellenz FranzMariaDoppel ­ bauer, welcher einer Blutvergiftung erlag. Bischof Franz Maria Doppelbauer wurde am 21. Jänner 1845 in Weizenkirchen ge ­ boren, stand somit im 64. Lebensjahre. Er studierte imKnabenseminarFreinberg, wurde 1868 zum Priester geweiht und kam ein Jahr später als Kooperator an die Vorstadtpfarre in Steyr, wo er ein eifriger Förderer und Mitgründer der „Steyrer Zeitung" wurde. Doppelbauer wirkte bis im Oktober 1876 in Steyr, wo er sich eine große Anhänger ­ schaft erwarb. Hierauf setzte er seineStudien inRomfort und wurdeSekretär desBischofs Rudi gier. 1887wurde er zum Rektor der Anima in Rom und sodann zum päpstlichen Hausprälaken ernannt. Nach dein Tode des Bischofs Ernst Maria Müller wurde er zu dessenNachfolgerernannt und am10. März 1889 empfing Doppelbauer in Nom die bischöfliche Weihe. Am 5. Mai desselben Jahres irat er sein Amt in der oberöster ­ reichischen Diözese an, wo er sich seither überaus populär zu machen wußte. Bischof Doppelbauer führte bekanntlich alljährlich die Fronleichnnmsprozession inSteyrdorf und seit Jahren hielt er auch regelmäßig die Firmung in Steyr. Er regierte durch 19 Jahre die oberösterreichische Diözese. Dem Bischof wurden viele Auszeichnungen zuteil. Der Papst ernannte ihn zum Thron ­ assistenten und römischen Patrizier; der Kaiser verlieh dem Bischof, der schon als Rektor der Animamit demEisernen Kronen ­ orden ausgezeichnet war, das Kommandeur ­ kreuz des Leopold-Ordens und 1903 die Würde eines Geheimen Rates. Außerdem besaß der Bischof dasGroßkreuz des Ordens vom heiligen Grabe. Das Leichenbegängnis fand unter großem Gepränge in Linz am 5. statt. Die Beisetzung erfolgte in derGruft des neuen Domes. Bei dem Böllerschieben auf der Ennslcite während des in Steyr stattgehabten Kaiserfestgottesdienstes ereignete sich ein Karl Schermahr wurde am 2 Dezember 1908 beim Böllerschießen schwer verletzt. schweres Unglück. Die langjährigen Böllerschützen des Bürgerkorps Karl Schermayr und FranzBrunmayrwollten einen soeben abgeschossenen Böller wieder laden, als sich das Pnlver durch die Hitze des Rohres während der Manipulation entzündete und explodierte, wodurch die beidenBöllerschützsn zu Boden geworfen und schwer verletzt wurden. Sie wurden nach Anlegung von NolverbändenmittelsRettungswagen sofort in das St. Annaspital überführt, wo dem Schermayr sofort der völlig zerschmetterte rechte Vorderarm und später auch der linke amputiert werden mußte. Brunmayr erlitt eine starke Verbrennung im Gesichte und hiedurch eine Schwächung des Augenlichtes.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2