Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1910

87 L werden mußte. Das Beben hatte in 23 Sekunden in fünf Stößen, die in der Zeit von 5 Uhr 20 Minuten bi« 6 Uhr 45Minuten desMorgen« vom 28. Dezember erfolgten, sein schreckliche« Werk getan. Messina war in dieser Zeit zum Trümmerhaufen geworden, unter welchen, die im Schlafe überraschten, in ihren Häusern blockierten Bewohner zum großen Teile begraben waren und aus welchem allerorten Fcucrsäulen drangen. Nicht viel besser war es Reggio di Calabria und anderen Städten und Orten er ­ gangen und auch zahllose Schiffe waren dem Beben zum Opfer gefallen. Zwischen den eingcstürzten und cinsturzdrohcndcn Häusern irrten, die sich hatten retten können, klagend umher, den Schmerzcnslautcn lauschend, die aus den Ruinen drangen — und bald gesellte sich auch der Hunger "zu den Leiden der Ucberlcbendcn. Die Zahl der vom Erdbeben in dessen ganzer Ttitigtcitszone getöteten Menschen wird mit 200.000 angegeben, in Messina allein sollen nach einem Berichte von Dr. M. Wilhelm Meyer im „NeuenWiener Tagblatt" von 170.000 Einwoh ­ nern kaum 40.000 tibriggcblicben sein, davon 10.000 Verwundete! So groß aber das Unglück, so groß zeigte sich auch die Hilfsbereitschaft der Menschheit — in Messina wetteiferten die Mannschaften der italienischen und der fremdländischen vor der Stadt liegenden Kriegsschiffe im Rettungswcrk. Unerschrocken der Gefahren trotzend, denen sie in dem mit stets neuen Einstürzen drohenden Trüm ­ merhaufen ausgesetzt waren, drangen die Tapferen in die zerstörten Häuser, uni etwa noch Lebende zu befreien, und als man daran dachte, teils nm sür die Retter, für die Ucbcrlebenden die Einsturzgefahren zu beseitigen, teils um einer Epidemie zuvorzukommeu, die Trümmerhaufen zusarmnenzuschießen, da erscholl ein Entsetzens ­ schrei seitens jener, denen man Helsen wollte — konnten ja doch noch Lebende unter den Trüm ­ merhaufen begraben sein, die man retten konnte! Und cs war gut, daß der Entsetzensschrei seine Wirkung übte, denn noch 40 Tage nach der Kata ­ strophe wurde ein Lebender aus den Trümmern gezogen — er war in einem Konditorladen von der Katastrophe ereilt worden und -hatte sich die 40 bangen Tage lang von den in jenem Laden befindlichen Waren genährt. Uud wie an den Stätten des Unglücks selbst tapfere Herzen zu retten suchte», was etwa noch zu rctteu war, liefen aus allen Staaten der zivilisierten Welt reiche Spenden für die Ucberlcbendcn ein, die ja zumeist eben nur das nackte Leben gerettet und in wahrstem Sinne des Wortes brotlos geworden waren. Aus Wien aber zog die Freiwillige Ncttungsgescllschaft mit ihren Fcldküchenwagen hinunter nach Catania, um den dort zusammcngckommcnen Geretteten reiche Nahrung zu spenden. * * Am 7. August 4008 starb Marchese Antonio Starrabba di R u d i n i, ein eifriger Anhänger des Dreibundes. Er war am 6. April 1839 zu Palermo geboren, wiederholt italienischer Mi ­ nisterpräsident und einer der letzten Staatsmänner Italiens, die mit dem Beginne ihrer politischen Karriere noch in die Epoche der VcrcinigungsLcstrebungen des apcnninischen Königreiches zurllckreichtcn. Araukreich. Am 11. Juni 1909 suchte ein schweres Erd ­ beben tektonischer Natur SUdfrankreich heim. Als Beginn des Bebens wurde 10 Uhr 7 Mi ­ nuten 31 Sekunden abends angegeben, während das Ende desselben um 1074 Uhr abends regi ­ striert wurde. Nachrichten über das Erdbeben lagen aus zahlreichen Städten, so aus MarArrondissement Aix allein wurden bei 60 Tote lon, Cannes, Montpellier,, Bezisrcs vor. Im Arrondissement Aisc allein wurden bei 60' Tote und viele Verletzte verzeichnet; im ganzen wurden weit mchr als 70 Personen getötet und 200 bis 300 verletzt; einzelne Dörfer wurden zerstört, in anderen stürzten mehrere Gebäude ein. Der Materialschaden wurde mit 10 Mil ­ lionen Francs angegeben. Am 8. November 1908 starb der bekannte Dramatiker Victoricn Sardou. Er war am 7. September 1831 in Paris geboren und an, 7. Juni 1877 zum Mitglied der französischen Akademie gewählt worden. Zu seinen bekann ­ testen Werken zählen: „Nabagas", „Divor^onü", „Madame Sans-Genc" und „Thermidor". Kirgland. Am 23. März 1909 verkündeten englische Blätter, daß der englische Schisssleutnant Shackletvn, der im Herbst 1907 auf den, Dampfer „Nimrod" ansgezogen war, um den Südpol zu erreichen, sich auf seiner Expedition diesem Pole bis auf ungefähr 100 Meilen ge ­ nähert hatte, dann aber bei 88 Grad 23 Mi-

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