Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1910

55 „Unerklärlich!" murmelte Picek, und sagte dann laut: „Nun so vollenden Sie doch rasch! Sie erzeigen mir eine Wohltat, wenn Sie noch vor diesen Zeugen — " „Wohltat!?" unterbrach ihn lächelnd der Irländer, „davon kann zwischen uns nicht die Rede sein." „Nun Wohl, so geh' ich, die Kugel auch ohne Ihren ausdrücklichen Willen sogleich durchs Herz zu jagen, um diesem Sklavendaseiu, diesem Zwitter ­ meinen Augen als so wortbrüchig, wie Sie leben würden, wenn Sie meiner künftigen Todesanweisung nicht ge ­ horchten. EinwahrerMannmuß streng dem gegebenen Worte gemäß, das er zum Träger seiner Gesinnung und da ­ her seiner Ehre machte, zu leben und zu sterben wissen. Beides ist eine Kunst, und ihre wahre Ausführung verdient Ruhm. Jetzt tun Sie, was Sie wollen." Bastiani nickte hämisch Beifall, und Graf Goseck schwieg, weil er noch eine zustande zwischen dem Diesseits und Jenseits ein Ende zn machen. Ja, ja, so sei es!" Er wollte fort, doch O'Nelly hielt ihn zurück und rief: „Halt, Herr Graf, da ­ zu berechtigt unser Vertrag Sie nicht. Hienach bin ich allein Herr Ihres Le ­ bens, nicht Sie sind es mehr. Ich kann und werde Ihre voreilige Kugel nicht hindern, aber Ihr Selbstmord hat dann nichts mit der mir versicherten Genug ­ tuung zu schaffen, und Sie sterben in gütliche Ausgleichung des blutigen Handels hoffte, sobald nur Zeit gewon ­ nen würde. Picek aber sagte: „Sie haben den Mann in mir herausgcfordert, und so will ich denn leben, so lqng es Ihnen beliebt, wie schwer dieses begriffslose Dasein eines Edelmannes mir auch werde:: mag." „Gut, daß Sie den Edelmann hinzu ­ sehen, Herr Graf, das gibt Ihren Worten einen eigentümlichen Sinn", entgegnete O'Nelly. „Sonst hätt' ich

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