23 Eine Hoffnungsfreudigkcit war über den Burschen gekommen, welche der Förster im geheimen teilte. Was blieb nämlich dem Wendlehner nach der kühnen Tat desMatthias und nach der aus dem Abgrunde mit Gefahr des eigenen Lebens heraufgeholten Hoff nung, daß Jakob noch an: Leben sei — übrig, als einzusehen, wie unrecht er getan? Unrecht demMatthias und dem Förster. Und sein Unrecht einsehen, heißt versöhnen und Friede. Von Tag zu Tag harrten die beiden daraus, daß die Tür sich öffnen und der alte Bauer eintreten werde. Von Tag zu Tag erwarteten sie Boten, welche sie in den grünen Hof hinllberluden, da der Wendlehner nicht kom men könne. — Vergebens! Der Bauer kam nicht und der Bote auch nicht und als Matthias den Großknecht heimlich anfsuchte, erfuhr er von diesem, wie sehr er sowohl als der Förster sich in dem Bauer getäuscht. Anfangs wollte der Knecht nicht nut der Sprache heraus uud nach und nach gestand er dem For schenden, daß der Bauer ihm — dem Matthias, einfach keinen Glauben schenke und seine Aussage für eiu fal sches, nut dem Förster abgekartetes Spiel hielte. Das hatte der arme Bursche nicht er wartet und mit schwergekränktem Her zen ging er ins Försterhaus zurück. Kaumwollte ihm die schmerzliche Nach richt über die Lippen. Betroffen sah der Förster vor sich hin. „Was ist aus dem Tobias gewor den?" murmelte er. „Kann der Schmerz so hart, so selbstsüchtig machen?" Dann legte er dem Matthias die Hand auf die Schulter und sagte tröstend: „Und doch wird es wieder gut werden. Es wäre zu große Ungerechtigkeit gegen dich, wenn's nicht so käme." Einige Tage waren darüber hinweg gegangen, als Matthias eines Mor gens den Förster in den Wald hinaus begleitete, um ihm eine Mitteilung zu machen. „Was meint Ihr, Herr Förster?" - fragte Matthias. „Wenn der Jakob nicht tot ist, was mit ihm sei?" „Da fragst du mich zu viel", ant wortete der Förster. „Wohl hab' ich mir den Kopf schon genug darüber zer brochen, hab' aber das Richtige kaum gefunden." „Weil Ihr den Jakob nicht so gut gekannt habt, wie ich", sagteMatthias, „und nicht wißt, wie stolz der Jakob war, so stolz, daß er, bevor er in die Schänd' käm', lieber — " Matthias stockte. Der Förster blieb stehen. „Du willst sagen, lieber sein Leben hergegeben? Ich glaub's nicht. Und wenn er auch so stolz war, er wußte ganz Wohl, daß ich ihn nicht verkannt hab'. Es war zu finster und so viel hätt' er schon auf meine Freundschaft für den Vater bauen können, daß — " „Vielleicht hat er nicht gemerkt, daß Ihr allein warst damals, oder hat eure Stimm' nicht erkannt und geglaubt, einer der Jäger sei's." Der Förster faßte den Arm des Burschen. „Matthias!" rief er aus. „Mir fällt etwas ein. Wenn der Jakob den unglücklichen Gedanken gehabt hätt', sich 's Leben zu nehmen, du hättest seine Leiche in der Kluft gefunden. Er hat es aber nicht getan, sondern ist fort, über die Grenz' geflohen, weil er sich verfolgt geglaubt, und traut sich nun nicht zurück oder wartet, bis Gras über die Sache gewachsen." „Herr Förster!" schrieMatthias anf. „Das wäre ja eiu Glück! Aber warum schreibt er dann nicht oder schickt nicht, daß der Vater sich beruhigt?" „Weil die Sache nach seinerMeinung nur einschlafen kann, wenn er für tot gilt." „Und — dürft' er heimkommen? Hat er nichts mehr zu fürchten?" „Wenn ich keine Klag' gegen ihn erheb', wird ihm nichts geschehen." „Aber das Gericht weiß ja schon von der Sach' — " „Ich habe ausgesagt, daß ich den
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