Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1910

13 zug, als er erzählte, wie er den Wilderer erblickt und ihm nachgejagt. Es klang wahr und ehrlich, als er be ­ teuerte, nicht geschossen zu haben, trotzdem er in seinem Rechte gewesen Niäre, wenn er einem fliehenden Wild ­ schiitzen gegenüber von seiner Waffe Gebrauch gemacht hätte; er wäre es jedoch nicht imstande, auf einen Men ­ schen anznlegen, es müßte ihn denn äußerste Notwehr dazu zwingen. Ter Richter nickte mit dem Kopfe. mußte, und den er in allen Punkten der Anklage hieniit frei nnd schuldlos spreche. Ter Wendlehner sah bei diesen Worten wie erschrocken zu dem Richter auf, als habe er Unerhörtes vernom ­ men; er öffnete den Mund: „Es ist nicht möglich!" wollte er rufen. Nicht einmal Rache sollte ihm dafür werden, daßman ihm sein Kind undmit diesem auch sein Leben gemordet? „Es ist ja nicht möglich!" Wild ballte derWendlehner die Fünfte, als er dies sah. „Und wo ist er dann, wo ist mein Kind?" stieß er zwischen den geschlossenen Zähnen hervor. Ter Richter versuchte den Bauer durch begütigendeWorte zu beruhigen. Er sagte ihm, daß es nicht erwiesen sei, daß sein Sohn nicht mehr lebe, uud wenn dies Unglück auch wirklich der Fall wäre, so möge er es dem Manne nicht zur Last legen, der, feiner Pflicht getreu, so gehandelt, wie er handeln Er stand noch immer ans demselben Flecke, als die Richter sich bereits zu ­ rückgezogen und auch die Leute aus dem Saale hinausgeströmt waren. Eine Hand berührte seinen Arm. Der Bauer blickte zur Seite; es war der Förster, welcher vor ihm stand und in wehmütigem Tone seinen Namen rief: „Tobias!" Ein heiserer Wutschrei war die Ant ­ wort, dann stürzte der Wendlehner hinaus, drängte sich durch die Leute,

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