Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1910

Walde sich verborgen, uni den verwögenen Wildschütz zu ertappen, stets um- ! sonst, bis in der Nacht vom Samstag auf den Sonntag. Gegen Mitternacht war's, als er aus seinem Versteck einen Schatten zwischen den Bäumen dahin ­ gleiten gesehen und beobachtete, wie dieser aus seiner Jacke die Teile einer Büchse hervorzog, diese zusammen ­ setzte und Ind. Er konnte im Dunkel desWaldes weder die Gesichtszüge noch die Kleidung des Wildschützen aus ­ nehmen nnd schlich ihm vorsichtig nach, als dieser weiter in den Wald hinein ­ ging, an der Salzlecke sich ver ­ barg, bis ein Tier herankam, dann dieses aufs Korn nahm und nieder ­ schoß. Jetzt sei der Förster erst hervor ­ gesprungen, habe das Gewehr angelegt und den Wildschützen angeschrien. Dieser jedoch sei mit einem Sprung im Dickicht gewesen, und so rasch der Förster ihm auch gefolgt und trotzdem er noch lange das Krachen des Ge ­ zweiges hörte, wäre der Wilddieb ihm wieder entkommen, ohne daß er ihn er ­ kannt, und selbst am nächsten Tage hätte er keine Spur von ihm finden können, denn das Gebüschwar nach ver ­ schiedenen Richtungen hin zertreten und zerstört — und so — - Ohne die Erzählung des Försters zu Ende zu hören, hatte der Wendlehner Hut und Stock erfaßt und war hinansgeeilt, so daß der FörstermitMatthias ihm kaum zu folgen vermochten, wel ­ chen die Knechte instinktmäßig sich an ­ schlossen. Erst als er imWald angelangt war, blieb der Alte stehen und holte tief Atem. Der Förster, dem Matthias auf deinWege hieher so viel mitgeteilt, als er glaubte, daß er über das Treiben des Jakob nun mitteilen mußte, übernahm nun die Führung. Anfangs hielten sie die Richtung der Spuren ein, welche durch das zerknickte und zerbrochene Gebüsch führte, dann bog Matthias vom Weg ab und ver ­ folgte den Pfad, welcher aufwärts zum Gipfel des Berges sich hinzog. Fuß ­ spuren waren auf dem trockenen steini ­ gen Boden keine zu finden, ebenso wenig weiter oben in der Lichtung, wo das dürre Laub vergangener Herbste den Boden hoch bedeckte. AberMatthias kannte denWeg genau, trotzdem er ihn nur einmal gegangen, und bald standen sie vor dem großen Felssteine, welcher wie ein Wächter vor dem Abgrunde stand, um Unglück zu verhüten. Vergebens suchte der Bauer und Matthias den Felsen zu erklimmen. Dem ersten versagten die Glieder, und Matthias lähmte die Angst vor dem, was er entdecken sollte. Einer der Knechte war indessen auf den Stein geklettert, und ein Schrei, den dieser ansstieß, ließ den Untenstehenden das Mark in den Knochen erstarren. Atemlos lauschten sie und warteten auf das Wiedererscheinen des Knechtes. Und als dieser vom Felsen herabsprang, einen Hut in der Hand emporhaltend, da wankten dem Wendlehner die Knie und man mußte ihn stützen, sonst wäre er zu Boden gesunken, er hatte den Hut seines Sohnes, Jakobs Hut erkannt. Jetzt erst hatten sich die übrigen aufgerafft und kletterten, so rasch sie es vermochten, den Stein hinan, nm nach weiteren Spuren zu suchen; vergebens, stumm gähnte der Abgrund und kein Zeichen an seinem Rande wollte das Geheimnis verraten, welches auf seinem Grunde der Ewigkeit entgegenschlief. Da mit cinemmale richtete sich die zusammengebrochene Gestalt des Wcndlehners hoch auf, mit einem Satze sprang er auf den Förster zu nnd faßte diesen mit beiden Händen an der Brust. „Mörder! Mörder!" schrie er, daß es durch den Wald und über die Schlucht hin gellte: „Mörder! Mein Kind gib mir wieder!" „Faß' dich, Tobias! Ich bin unschul ­ dig an dem Unglück. Ich wußte ja nicht, wen ich verfolgt." Der Förster sagte es mit Tränen in den Augen. Wie sinnlos jedoch schüttelte der Bauer den Trösten ­ den und aufkreischcnd vor Schmerz und

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