10 in das Dorf, in den Wald, wo er nach dem Bruder suchte, Vergebens, er fand keine Spur bon diesem. Er eilte, so rasch es seine wankenden Füße ver mochten, in das Försterhaus. Die alte Kathrin war allein in demselben, der Förster war nicht zu Hause, lind lang sam schleppte sichMatthias wieder heim und verbrachte eine fieberhaft aufge regte Nacht voll schrecklicher Träume. Sehr früh amMorgen weckte ihn ein ungewöhnlicher Lärm durcheinander - redender Stimmen im Hofe. Er horchte gespannt und entnahm aus den verschiedenen Ausrufen, daß Jakob noch immer nicht nach Hause ge kommen wäre und die nach ihm ausgesendeten Knechte unverrichteter Dinge Zurückgekehrt seien. Mit dem Aufgebot aller Kräfte stieg er vom Bett und ging hinab in den Hof. Dort stand der Bauer mitten unter den Zurückgekehrten und horchte mit bleichen, vor Erwartung aufzuckenden Mienen auf die verschiedenen Be richte der Knechte, welche alle das eine Ende hatten, der Jakob sei nicht aufzu finden, keinMensch imDorfe hätte ihn erblickt, er sei verschwunden, spurlos verschwunden. Hilflos vor Schreck blickte der Bauer stier im Kreis umher, da fielen seine Augen auf Matthias, welcher in der Türe des Hauses stand mit ebenso bleichem Gesichte, mit ebenso aufzucken den Mienen wie er selbst, aber in den Augen eine viel größere Angst, eine verräterische Angst. Wie ein Blitz durchfuhr eine Ahnung das Hirn des Bauers. Er schritt rasch auf Matthias zu, ersiriff dessen Arm und zog ihn mit sich in die Stube. „Red'! Was weißt du?" fuhr er dort den Matthias an, und seine Stimme bebte vor Aufregung. Matthias öffnete den Mund, er brachte jedoch kein Wort über die Lip pen: fei es, weil es das erstemal im Leben war, daß er dein Vater so direkt gegenübergestanden, sei es aus Scheu vor dem, was er ihm nun sagen sollte; denn daß er nun nicht länger schweigen durfte, um seines Bruders willen reden mußte, das fühlte er. „Red'! Red'!" schrie der Bauer auf. „Ich seh' dir's an, du weißt etwas!" „Ja — ichweiß — " keuchteMatthias. „Der Jakob — ist der Wilderer — " Wütend fuhr der Bauer auf. „Lüg ner! Lügner!" schrie er und hob die Hand gegen den Sohn. Dieser blieb ruhig stehen und blickte den Vater unverwandt an, doch ließ dieser den Arni erst sinken, als dieTüre hastig aufgerissen wurde und der För ster mit verstörten Zügen im Rahmen derselben erschien. „Wendlehner, ist's wahr? Ter Jakob — ?" Mehr vermochte der Förster nicht zu fragen, denn der Bauer starrte auf das Gesicht des Försters, als brächte ihm dieses eine Offenbarung, dann stieß er einen heiseren Schrei aus und rief: „Den Jakob! Wo hast du den Jakob?" „Ich? Ich hab' ihn ja nicht ge sehen! Ich hab' nur gehört, daß er seit vorgestern verschwunden ist." Dann blickte er auf das fahle Gesicht des Alten und von diesem auf das desMat thias, welcher die Augen auf die Diele geheftet hielt, und auch ihn erfaßte die Erkenntnis des Geschehenen, daß er zu rücktaumelte. „Großer Gott!" schrie er auf, „der Jakob ist doch nicht — ?" Matthias schwieg, nur einZucken ging über sein Antlitz und ein Schauer durchfuhr seine Glieder. Der Bauer aber rief: „Was hast du mit demJakob gemacht?" Der Förster wankte zu dem Stuhle, welcher nahe dem Tische stand, und- ließ sich auf denselben fallen, stützte den Kopf auf die Hand und schwer hob sich seine Brust, während er vor sich hin sprach: „Der Jakobwar's! Der Jakob!" Dann sah er auf, erkannte aus den Augen, welche auf ihn starrten, daß er reden mußte, rasch reden mußte, und erzählte in abgebrochenen Sätzen, wie er die ganze Woche Nacht für Nacht im
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