Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1910

o stützen des Heren Pfarrers. Und je größer die Freud' des Bauern am Jakob war. desto zuwiderer wurde ihm auch derMatthias — der Unnutz. Um ­ sonst versuchte der Pfarrer das Herz desVaters auch seinemjüngeren Sohne zuzukehren, umsonst stritt der Förster mit dem Freunde jeden Sonntag das ­ selbe Kapitel herunter. Es blieb alles beim alten. Der Wendlehncr mochte denMatthias einmal nicht nnd es war weiter nichts von ihm zu erlangen, als die Einwilligung, im künftigen Jahre den Matthias in die Stadt ins Semi ­ nar zu schicken, um ihn studieren zu lassen. , Vom Alten verhätschelt, von den Ehhalten und den Kameraden ge ­ schmeichelt und von den Dirndln just auch nicht übersehen, wäre es ein Wunder gewesen, wenn der Jakob weniger stolz nnd eingebildet gewesen wäre, als erwar? Am Hof hat er kom- , mandicrt, im Wirtshaus hat er kom ­ mandiert, und wenn er ein Dirndl nur mit seinen ewig lachenden Augen an ­ gesehen hat, ist es ihm schon an den Hals geflogen. Und doch ist er — fo weit man es hat wissen können — ein durch und durch ordentlicher Bursch ge ­ wesen, der während der Wochen fleißig gearbeitet, am Sonntag imWirtshaus fleißig gezahlt hat und bei denDirndln ein Bussel als höchsten Spaß hat gel ­ ten lassen. Er war zu stolz, als daß er sich etwas hätt' nachsagen lassen. Daß er den s armenMatthias auch nur so von oben herunter behandelt hat — mein Gott! Er hat es ja von Kindheit auf nicht anders gesehen. Machten's die Knecht' und die Mägd' ja auch nicht besser. Meinten sie doch dem Bauer damit einen Gefallen zu tun. Und wenn der Jakob in der letzten Zeit zu feinem Bruder besser sich gestellt, nnd den — zum Staunen vom Bauer — manches ­ mal sogar dasWort geredet hat, so hat das einen besonderen Grund gehabt. Der Matthias hat es später erzählt. Der Jakob — das Wunder von Bravheit — hat doch einen Fehler ge ­ habt — eine Leidenschaft, von der er nicht hat lassen können, so wenig wie der Trinker vomWirtshaus. Und eine gar seltsame Leidenschaft war es für den reichen Bauernsohn, dem nichts ab ­ gegangen ist, der das Geld nur so Handvoll aus dem Hosensack gezogen hat. Keiner hat davon gewußt — bis auf einen, und das war derMatthias. Und der hat's durch einen Zufall er ­ fahren. Der Matthias sitzt einmal bis spät in die Nacht hinein über einem Buch und liest, da hört er auf einmal die Hoftüre vorsichtig aufmachen und jemand heimlich aus dem Hofe herausund davonschleichen. Er denkt nichts anderes, als daß es ein Dieb ist und weil er sich zu schwach fühlt, mit Ge ­ walt sich dem gegenüber zu stellen und der Dieb über alle Berge gewesen wäre, hätt' er erst Lärmmachenwollen, kommt ihm der Gedanke, dem Diebe nachzuschleichen, um wenigstens zu wissen, wer es wäre. Er tut es und folgt der Gestalt hinters Torf, über'n Bach, über die Wiesen und Felder — sich immer im Schatten haltend - bis in den Wald. Dort von einem Baume zum andern schleichend sieht er endlich, wie die Ge ­ stalt stehen bleibt, nach allen Richtun ­ gen hinhorcht und dann aus den: Rock etwas herauszieht und so lange daran hcrumbasselt, bis eine richtige Büchsen daraus worden ist. Und wie die Ge ­ stalt sich zu ihm wendet, glaubt der Matthias, daß das Herz im Leib ihm stillsteht; denn er erkennt feinen Bruder, den Jakob. Es fällt ihm auf einmal ein, daß der Förster seit einiger Zeit so arg über Wilddieberei geklagt hat, welche ihn um die besten Stücke brächte, und wie er gesagt hat, es mutz' ein besonders durchtriebener Wilddieb sein, dem er nicht auf die Spur kommen könne und der Wilddieb — war Jakob! Matthias hat's nicht glauben wollen. Er war anfangs fo verdutzt über die

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