2 der Soldat, indem er seine Augen starr auf den Fenstern des Wirtshauses ruhen ließ, als könnte er durch dieselben die Gestalt des Wendlehners noch ein mal erblicken. „Hast denn du gar nichts davon ge hört, was sich vor zwei Jahren im grünen Hof zugetragen hat?" fragte Sepp. „Nicht ein Mörtel", erwiderte der Urlauber. „Erzählt mir's, erzählt!" Die Burschen rückten hin und her, sahen einander an, steckten dann die Köpfe zusammen und fragten den Ur lauber dann leise: „Und den Förster dort kennst auch nicht mehr?" Der Soldat blickte hinüber zu dem leeren Tische, woselbst der Mann im Jägerkleide noch immer den Kopf auf die Hand gestützt hatte und finster vor sich hinsah. „Meiner Sir!" rief der Soldat eben falls leise aus. „Es ist der Förster Zauner! Aber den hätt' ich doch er kannt, wenn ich gleich genau hingeschallt hätt'. Er istWohl grau geworden in der Zeit, aber so verändert wie der Wendlehner hat er sich doch nicht. Aber — wie ist mir denn? Er und der Bauer, die waren ja die besten Freundemiteinan der, daß einer hätt' für den andern das Leben hergegeben - und vorhin, was war denn das?" Die Burschen rückten näher zusammen und Sepp räusperte sich, worauf er leise zu erzählen begann: „Ob's gute Freunde waren! Fünfzig Jahr' lang hat keiner von ihnen an sich denken können, ohne an den andern zu denken, Hütt' keiner einen guten Bissen essen mögen, ohne dem andern einen Teil davon aufzuheben. Als Kinder sind sie zusammen in die Schul' gegan gen, und wenn einer von ihnen einmal etwas angestellt hat, hat es der andere alleweil auf sich genommen. Ihre Freundschaft ist mit ihnen aufgewach sen, und es hat der nicht einmal ge schadet, als sie sich einmal bei derselben Dirn' zum Fensterln zusammenge troffen haben. Seit der Stund' hat keiner von ihnen die Dirn' mehr gern haben wollen. Jeder hat's wenigstens geleugnet, die Freundschaft ist ihnen sogar über die Lieb' gegangen. Und als die Dirn' selber die Sache entschieden und denWendlehner-Tobias genommen hat, da hat der Zauner, der damals Jägcrgehilfe war, den lustigsten Braut führer gemacht, den man je geseh'n hat. Es hat ihn gar so gefreut, daß sein Freund glücklich geworden ist. Wie die Bäuerin den ersten Buben gekriegt hat, war der Zauner natürlich Gevatter, und beim zweiten hat er sich's auch nicht nehmen lassen. Das hat ihm der Wendlehner -frei lich nicht heimzahlen können; denn der Zauner ist ledig geblieben, so viel die Dirndln ihm auch nachgeschaut haben. Er hätt' schon seine Familie, hat er ge sagt, wenn man ihn darüber gefragt hat. Undmit der Familie hat er redlich Leid und Freud' geteilt. Die Freud', daß die Arbeit unter den Händen ge diehen ist, als ob besonderer Segen auf ihr gelegen wär' und daß der Wend lehner Stück um Stück zu seinem Hof dazukanfen hat können, die große Wiesen vom Anrainer und die Felder dahinter, bis aus seinem Gütl der große grüne Hof geworden ist; nnd das Leid, als die Bäuerin sich auf einmal hingelegt hat und nimmer aufgestanden ist. Nicht als ob der Förster damals so arg geweint und geklagt hätt' wie der Bauer; er hat im Gegenteil die Zähn' zusammengebissen, so hart es ihm auch angekommen ist, und hat dem Wend lehner Trost zugeredet, was seiner Freundschaft endlich auch gelungen ist. Oben am Wald hat der Förster ein Stückel Acker noch von seinem Vaterher besessen, das hat der Wendlehner besonders in sein Herz geschlossen ge habt. Er hat sich's beim Förster aus gemacht, daß der Acker ganz und gar seiner Sorg' überlassen blieb und daß sich der Förster gar nicht um ihn zu kümmern hätt'. Dem Acker ist's dabei gar gut bekommen. Den besten Samen und den besten Dünger hat er gekriegt
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