Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1909

und mit blitzenden Augen die Huldi¬ gung seines Volkes entgegen¬ nahm! Die Frauen hatten sich, der Sitte der damaligen Zeit gehorchend, bescheiden vor den stürmisch erregten Männern zurück¬ gezogen und abseits die Vorgänge beob¬ achtet. Frau Hildegard war von der all¬ gemeinen Begeisterung mitgerissen worden und schwenkte ihrem Befreier grüßend mit einem Tüchelchen zu und der kleine Arnulf klatschte fröhlich in die kleinen Händchen, denn ihm machte das lebhafte, prächtige Schauspiel gar viel Vergnügen, nur Petka stand wortlos da, die Arme unter der Brust gekreuzt und anscheinend teilnahmslos, aber die tiefe Röte ihrer Wangen und die fest und lodernd auf Samo gehefteten Blicke verkündeten, daß sie nicht weniger Anteil an dessen jähem Glücke nahm, wie alle anderen in der Runde. Als Samo nach dem Ausbruch der Begeisterung und nach der stürmischen Huldigung, die ihm seine Untertanen be¬ reitet hatten, wieder glücklich den festen Boden unter sich hatte, sah er sich suchend um. „Wo ist deine Schwester, Freund Zwentibold?“ fragte er diesen. „Die Frauen und Kinder befinden sich rückwärts bei den Wagen, wie ich bemerkte, mein Fürst“, entgegnete der Wendenhäuptling ehrerbietig. Samo nickte leicht wie zum Ver¬ ständnis und schritt den Wagen zu, die menschliche Gasse entlang, die Franken und Wenden sogleich bildeten und stand bald vor der überraschten Petka. Einen Augenblick sahen sich die beiden fest an: ragend, durchdringend und im Blicke der Wendin lag etwas wie Mißtrauen und ängstliches Zagen ihrem bisherigen Bun¬ desgenossen gegenüber, der plötzlich so hoch über sie erhoben worden war, und vielleicht zum ersten Male im Leben fühlte die Wendin, daß sie nur ein Weib war, die Dienerin des Mannes. „Hast du für mich gar kein Wort, Petka?“ fragte Samo fast rauh und seine Hand strich hastig den langen Bart herab 109 „Mein Herr und Fürst“, erwiderte die Wendin, kniete hastig vor Samo nieder, küßte dessen Fußspitzen und ließ ihr Haupt tief geneigt zu Boden, nur wenig erhoben über Samos Füße, wie es ihr als Weib etzt zukam. Einen Augenblick nur, aber doch, war Samo jetzt der Herr des Weibes, das demütig vor ihm kniete, dann wandte er ich an Zwentibold und Ratibor und sagte ruhig: „Eure Schwester Petka war unsere Helferin im Streit und wir alle sind ihr zu großem Dank verpflichtet! Sie sei einleuchtendes Vorbild für unsere Frauen Petka! Das Wort, der Name, klang weich, mild, zärtlich, so zärtlich als Samo es nur vermochte zu sein. Niemand hatte iesen Ton an Samo in der Rede bisher bemerkt und überrascht sahen alle auf ihn, auch Petka hob etwas den Kopf, sah ihren Herrn fragend an und sagte nur: „Mein Fürst 2“ „Doch, ja, dein Fürst, Petka“ er¬ widerte Samo jetzt wirklich weich in Blick und Stimme, „aber, so du willst, bald nun dein Mann, du die Fürstin nun? Ein Beben durchlief den Körper der Wendin, die sich mit dem Oberleib empor richtete. Aber sie sah nicht auf Samo, hr Blick haftete am Boden, ihre Rechte wies auf ihre beiden Brüder hin und sie sagte ruhig, demütig fast: „Du erweist mir zuviel Ehre, mein Fürst! Wenn es dein und meiner Brüder Wille ist, bin ich dein Weib, eure Fürstin!“ Auf Zwentibolds und Ratibors Zügen zeigte sich hohe Befriedigung über ihrer Schwester wohlerzogenes, stammesgemäßes Benehmen, allein Samo neigte sich zu Petka herab, ergriff ihre beiden Hände und fragte hastig: „Und du bist gern mein Weib, gern meine Fürstin, Petka? Sehr gern, lächelte Petka stolz und glücklich zu ihm auf, „hätt' ich dich, den Franken, unterstützt und wär' ich dir ge¬ folgt, liebt' ich nicht in dir auch den Mann nach meinem Sinne und hegt' ich nicht

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