Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1909

96 ältesten Sohn, den schwachsinnigen Kronprinzen ITschak, zu seinem Nachfolger resp. zum Re¬ genten bestellte, sich so vollständig zum Herrn Koreas machend, und diesen Stand noch durch eine diesfällige Konvention mit dem neuen Kaiser besiegelnd. Die Widerstandsversuche des Volkes und des Heeres des abgedankten oder besser abgesetzten Kaisers wurden mit energischer Hand von den Japanern unterdrückt. Mit Dekret vom 30. Juli 1907 wurde dann die Auflösung der koreanischen Truppenverbände verfügt. Persien. Als der jetzige Schah von Persien Muhammed Ali Mirza als Nachfolger seines Vaters Muzaffer Eddin den Thron Persiens bestieg, anerkannte er auch ausdrück¬ lich die vom Vater dem Lande verliehene Ver¬ fassung — er hat sie auch später wiederholt beschworen. Aber seine ganze bisherige Re¬ gierungszeit war doch nichts weiter als ein ewiger Kampf gegen diese Verfassung und gegen das durch dieselbe eingesetzte Parlament. Minister kamen und gingen, bald hatte der Schah die Oberhand, bald das Parlament resp. die persische Verfassungspartei. Dieses Wechselspiel endete dann vorderhand damit, daß der Schah am 4. Juni 1908 heimlich aus seiner Hauptstadt Teheran floh, an seinem Zufluchtsort Truppen unter dem Kosakengeneral Liakhow sammelte, durch diese Teheran am 23. Juni 1908 besetzen und plündern, das Parlament aber bombar¬ dieren und auseinandersprengen ließ. Doch wäh¬ rend Teheran durch Kanonen zur Ruhe gezwun¬ gen wurde, während nationalistische Führer ohne gerichtliches Verfahren hingerichtet wurden flammte in Täbris der Aufstand auf. So standen die Sachen am Schlusse der Berichtsperiode und mitten in diesen Konflikt fielen Straßenkämpfe in verschiedenen Orten, am 28. Februar 1908 ein vergebliches Attentat auf den Schah und am 31. August 1907 die Ermordung des Großveziers. China scheint energisch die Bahnen konstitu¬ tioneller und wirtschaftlicher Reformen zu betreten: Am 11. Juli 1907 wurde die Errichtung eines öffentlichen Sicherheitsdienstes die Einsetzung höherer Industriebehörden und die Schaffung moderner Gerichtshöfe in den mandschurischen Provinzen, in Tschili und Kiangtsu verfügt. Am 20. September 1907 wurden durch kaiserliches Edikt die Prinzen Tulun und Sunchianai zu Präsidenten des als Vorläufer eines wirklichen Parlaments ins Leben gerufenen neuen Gouver¬ nementsrats ernannt. Am 2. Oktober 1907 be¬ fiehlt ein kaiserliches Edikt den Schutz der Mis¬ sionen und der Christen und ordnet an, daß das Volk über die gleichmäßige Behandlung von Christen und Nichtchristen vor dem Gesetz auf¬ geklärt werde. Am 20. Oktober 1907 ordnet die Pekinger Regierung die sofortige Bildung von Kreis=, Bezirks= und Provinziallandtagen an, um das Volk an parlamentarische Tätigkeit zu gewöhnen. Diese Landtage werden aus Ver¬ tretern der Beamtenschaft und der Notablen ge¬ bildet werden und nur beratende Stimme haben. Amerika. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika hatten auch in der Berichtsperiode noch einige Nachwehen aus dem spanisch=amerikanischen Kriege zu verspüren. In Havana kamen sie einer revolutionären Verschwörung noch recht¬ zeitig auf die Spur, um den Ausbruch eines Aufstandes zu verhindern. Dagegen scheinen sich die Zustände auf den Philippinen gebessert zu haben, da der Kriegssekretär der Vereinigten Staaten, William Taft, am 16. Oktober 1907 zu Manila das erste philippinische Parlament eröffnen konnte. — Am 18. Juni 1908 wurde William Taft im republikanischen Nationalkon¬ vent einmütig zum Präsidentschaftskandidaten für die Vereinigten Staaten von Nordamerika nominiert. Australien. Das Unterhaus von Neu=Seeland nahm am 9. August 1907 bei Beratung des Initiativantrages über die Reform des Oberhauses ein Amende¬ ment an, nach welchem den Frauen Sitze im — Am 19. März Oberhaus einzuräumen sind. 1908 wurde Earl of Dudley zum Ge¬ neralgouverneur des Commonwealth of Australia ernannt.

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