94 Holland. Die Ergebnisse der am 18. Oktober 1907 ge¬ chlossenen II. Haager Friedenskonferenz waren, wie vorauszusehen, gleich Null, dazu rein theore¬ tischer Natur. Die wesentliche Frage der Ab¬ per rüstung fand ihre Erledigung in folgender. Re¬ Akklamation angenommenen, lendenlahmen solution: „Die Konferenz bestätigt die Resolution, welche die Konferenz vom Jahre 1899 ange¬ nommen hat und die sich auf die Beschränkung der Militärlasten bezieht. In Anbetracht des Umstandes, daß diese Lasten seit dem ge¬ nannten Jahre in fast allen Ländern einen bedeutenden Zuwachs erfahren haben, erklärt die Konferenz, daß es in hohem Maße wün¬ schenswert ist, zu sagen, daß die Regierungen das ernste Studium dieser Frage erneut in Angriff nehmen.“ Am 25. Dezember 1907 gab das holländische Kabinett, welches einen auf Einführung des allgemeinen Wahlrechtes und des Frauenwahl¬ rechtes gerichteten Gesetzentwurf betreffs Re¬ vision der Verfassung eingebracht hatte, angesichts der ihm hier erwachsenen Opposition seine Ge¬ samtdemission und wurde der Führer der anti¬ revolutionären Partei, Heemskerk, mit der Bildung des neuen Kabinetts betraut, welches nach den Grundsätzen der Rechten regieren, dabei vorläufig aber auf die Revision der Verfassung und die Regelung der Thronfolgefrage ver¬ zichten will. Belgien. Die Frage der Uebernahme des Kongostaates durch Belgien hat zu wiederholten Differenzen zwischen dem Monarchen und der Regierung sowie zwischen dieser und dem Parlament, ja auch zu diplomatischen Weiterungen geführt, war aber bis zum Schluß unserer Berichtsperiode noch nicht vollständig und in allen Punkten ge¬ regelt, obwohl die Kolonialkommission am 25. März 1908 das Kolonialgesetz mit 11 gegen 1 Stimme und den Kongo=Angliederungsvertrag mit 10 gegen 2 Stimmen bei einer Stimm¬ enthaltung angenommen hat. Nach dem Tode des am 4. Jänner 1908 gestorbenen Ministerpräsidenten de Trooz übernahm am 9. Jänner der Kammer¬ präsident Schollaert die Leitung des sonst unverändert gebliebenen belgischen Ka¬ — Die im Mai 1908 durch¬ binetts. geführten Wahlen für die Hälfte der Mitglieder der Deputiertenkammer und des Senats ergaben infolge eines Wahlkartells der Liberalen und Sozialisten ein starkes Zusammenschmelzen der Regierungsmajorität in der Kammer. Am 6. Juni 1908 starb in Brüssel Josef Lambeaux, Belgiens größter Bildhauer,im Alter von 55 Jahren. Balkanstaaten. Serbien. Der endlichen Demission des Mi¬ nisteriums Pasië haben wir schon früher er¬ wähnt. Eine Lösung der Ministerkrise war aber bis zum Schlusse der Berichtsperiode noch nicht erfolgt. Das Resultat der am 31. Mai 1908 statt¬ gefundenen Wahlen für die am 13. April 1908 aufgelöste Skupschtina war eine Niederlage des Kabinetts Pasié, welches wohl eine Majorität aber nur von einer Stimme —erlangte; es trug so zur Demission dieses Kabinetts das Seine bei. Die Berichtsperiode verzeichnet in Serbien eine große Zahl politischer und anderer Morde, darunter auch die im Polizeigefangenhause zu Belgrad erfolgte, von Belgrader Blättern als Mord bezeichnete Tötung des Leiters eines oppo¬ sitionellen Blattes, Milan Novakovic, und des ebenfalls oppositionellen pensionierten Gen¬ darmerie=Oberleutnants Maxim Novakovic, welche sich bei der Präfektur in Untersuchungshaft befanden. Bulgarien. Am 27. Februar 1908 vermählte sich in Gera Fürst Ferdinand von Bulgarien mit Prinzessin Eleo¬ nore von Reuß=Köstritz welche, am 22. August 1860 geboren, eine Schwester des Fürsten Heinrich XXIV. von Reu߬ Köstritz ist. —Im Sommer 1907 beging Bulgarien feierlich das 20jährige Jubiläum des am 7. Juli 1887 erfolgten Regierungsantrittes seines jetzigen Herrschers, des Prinzen Ferdinand von Bulgarien. Das hinderte aber nicht die treuen Untertanen des Fürsten, allerhand Wirren im Lande heraufzubeschwören, die auch zu einer Ministerkrise führten, derzufolge das stambu¬ lowistische Kabinett demissionierte und der Fürst am 28. Jänner 1908 den Führer der demokrati¬ schen Partei, Malinow, mit der Bildung — Die am eines neuen Kabinetts betraute. 7. Juni 1908 vollzogenen Neuwahlen ergaben
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2