76 österreichische Delegation resp der zumeist an dem Antrage Schraffl=Latour beteiligte Teil derselben —schon um eine Verschleppung der ganzen Angelegenheit zu verhindern — zu einem ener¬ gischen Schritte: es wurde die endgültige Er¬ ledigung des gemeinsamen Budgets ihrerseits in Frage gestellt, indem durch den Delegierten Schraffl der Antrag auf eine gemeinsame Sitzung der beiden Delegationen gestellt wurde. Nun griff der österreichische Ministerpräsident Beck vermittelnd ein und es gelang ihm, nachdem der gemeinsame Minister des Aeußern Freiherr von Aehrenthal und der gemeinsame Kriegs¬ minister F3M. Schönaich im Heeresausschuß Erklärungen abgegeben hatten, welche eine rasche und günstige Erledigung der Frage in sichere Aussicht stellten, ein Kompromiß zwischen der schärferen und milderen Tonart im Heeresaus¬ schuß zu erzielen, welches zur Annahme der nachfolgenden, vom Delegierten Grafen Stürgkh vorgeschlagenen Resolution im Heeresausschuß und dann auch im Plenum der österreichischen Delegation führte: „Das Renunzium der ungarischen Delegation führt zwei Gründe an, aus denen dieselbe dem Antrage der österreichischen Delegation betreffend die Erhöhung der Gagen der Offiziere und der gleichgestellten Personen des k. u. k. Heeres und der Kriegsmarine sowie die Aufbesserung der Mannschaftslöhnung nicht beitreten könne: Nach Auffassung der Delegation des Reichstages steht es ihr nicht zu, eine Voranschlagspost in Ver¬ handlung zu ziehen, die nicht als eine Vorlage der gemeinsamen Regierung an sie gelangt ist; außerdem erblickt sie ein weiteres Hindernis einer meritorischen Stellungnahme in der Tat¬ ache, daß sie den von der k. u. k. Regierung für das Jahr 1908 unterbreiteten Voranschlag bereits angenommen habe. Ohne sich in die Er¬ örterung der ersten Einwendung, die die Aus¬ legung der Frage des ungarischen Staatsrechtes betrifft, einzulassen, muß die österreichische Dele¬ gation feststellen, daß die erhobenen formellen Bedenken sich durch eine nachträglich eingebrachte Regierungsvorlage sowie durch eine kurze Er¬ streckung der Tagung der Delegationen unschwer hätten beheben lassen. Wenn sich daher die Dele¬ gation des Reichstages nichtsdestoweniger außer¬ stande erklärt, in die Erledigung einer Ange¬ legenheit einzugehen, deren sachliche Berechtigung und Dringlichkeit niemand (auch nicht die un¬ garische Delegation) zu leugnen vermag, so kann die Delegation des Reichsrats über diese Ent¬ schließung nur ihr tiefes Bedauern aussprechen und hält demgegenüber den in ihrer Sitzung vom 25. Februar 1908 gefaßten gegenständlichen Beschluß vollinhaltlich aufrecht. Die österreichische Delegation hat aber zugleich die — im Berichte des Heeresausschusses wort¬ getreu niedergelegten — Erklärungen des Mini¬ sters des Aeußern und des Reichskriegsministers aus der Ausschußsitzung vom 4. März 1908 ent¬ gegengenommen, die mit aller Entschiedenheit für die Delegationstagung im Frühjahr 1908 sowie dafür einstehen, daß in deren nächster Budget¬ vorlage die den Absichten der österreichischen Delegation entsprechenden Einstellungen vorge¬ nommen werden. Diese Erklärungen hat der Minister des Aeußern in der Ausschußsitzung vom 10. März 1908 mit folgendem Wortlaut erneuert: 1. Die gemeinsame Regierung hält nach wie vor an dem Standpunkt unverrückbar fest, daß die nächsten Delegationen Ende Mai zusammen¬ treten. 2. Sie wird ihre Bemühungen im Sinne des Antrages der Delegierten Graf Latour und Schraffl mit aller Energie fortsetzen und darauf bestehen, daß das Erfordernis für die Erhöhung der Offiziersgagen und der Mannschaftslöhnun¬ gen im Voranschlag der nächsten, Ende Mai zusammentretenden Delegationen Aufnahme findet. Sie wird auch auf der Rückwirkung der beabsichtigten Aufbesserung an Gagen und Löhnungen für das Jahr 1908 bestehen und hiefür einen Nachtragskredit für 1908 in An¬ spruch nehmen. 3. Die gemeinsame Regierung erklärt neuer¬ lich, daß dieser Frage eine allgemein anerkannte, sehr aktuelle Bedeutung innewohnt und daß sie alles daran setzen werde, um diese Frage einer befriedigenden Lösung zuzuführen, u. zw. ohne sie mit anderen militärischen Fragen in Konnex zu bringen. Auf diesen Tatsachen fußend, spricht die österreichische Delegation die bestimmte Er¬ wartung aus, daß im Frühjahr 1908 eine neuer¬ liche Tagung der Delegationen stattfinde und daß denselben nur solche Voranschläge werden vorgelegt werden, welche die Erhöhung der Gagen und die Aufbesserung der Mannschaftslöhnungen in der von der österreichischen Delegation beab¬ sichtigten Weise enthalten.“
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