Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1909

wohlhabender Mann geworden. Dies Vermögen sollte einst seiner einzigen bildschönen Tochter Martha zufallen, welche immer so traurig war, weil sie nicht den Erwählten ihres Herzens hei¬ raten durfte, den armen Bergmanns¬ knappen Leonhard Härtel, der an Glücks¬ gütern freilich nichts weiter auf der Welt hatte, als seinen kargen Lohn von acht¬ zehn Groschen wöchentlich. Als er um Marthas Hand geworben, hatte der ge¬ strenge Vater ihn grausam abgewiesen und ihm das Haus verboten. Umso mehr war der Küster über¬ rascht, als eines Tages der junge Berg¬ mann zu ihm ins Zimmer trat, als ob nichts vorgefallen wäre. „Was wollt Ihr hier?“ rief er barsch. „Wißt Ihr nicht... „Ruhig, Vater Lambertus!“ sagte Leonhard lächelnd. „Ich komme, um Euch einen Vorschlag zu machen.“ „So laßt hören! Aber macht's kurz. „Ihr habt 200 Taler für die Ergrei¬ fung des Gespenstes ausgesetzt?“ 55 „Hm, ja, es ist eine große Summe. Aber ich würde vor Angst sterben, wenn das unheimliche Scheusal mich abermals heimsuchte. „Und der Bürgermeister hat 100 Taler ausgeboten, vorausgesetzt, daß der Po¬ samentierer und das Gespenst ein und dasselbe Geschöpf sind.“ „Dessen bin ich sicher! 300 Taler sind ein Vermögen. Ich will die Summe ver¬ dienen.“ „Ihr wollt das Gespenst greifen?“ „Ja, das ist meine Absicht. Ich habe entdeckt, wo es seinen Schlupfwinkel hat; das ist aber mein Geheimnis.“ „Und was soll ich dabei tun? „ „Nachstes Jahr soll ich Obersteiger werden, dann erhalte ich doppelten Lohn. Herr Lambertus, werdet Ihr mir dann die Hand Eurer Tochter verweigern?“ „Hm! Wenn Ihr das Gespenst wirk¬ lich greift, es unschädlich macht und die große Summe verdient... hm, hm! ... o wäre ich wahrhaftig imstande . .. hm,

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