30 gezwungen, das Vorhandensein eines wirklichen Schwipses festzustellen. Er beschloß deshalb, sein gewohntes Mit¬ tagsschläfchen etwas zeitiger zu beginnen. Er konnte jedoch seine löbliche Ab¬ sicht nicht sofort ausführen, da eben zwei Gäste eintraten. Lämmchen blinzelte ziemlich lange, bis er mit sich ins Reine kam, daß die Gäste keine hiesigen waren. Lämmchen wollte eben über den großen runden Tisch hinweg nach dem Sekt¬ kühler langen, als er plötzlich daneben griff, und da er in der Luft keinen Stützpunkt für seine schlenkernden Arme fand, sandte er diesen sinkenden Körper¬ teilen auch den übrigen Menschen nach 5 Wahrend sich's Lämmchen ungewollt auf dem Tische zwischen den leeren Flaschen und Gläsern bequem machte, kippte der Sektkühler um, wobei die Gäste einige derbe Spritzer abbekamen. Als Retter aus tiefer Not erschien Käthe, der es in Gemeinschaft mit den beiden hilfsbereiten Fremden gelang, Lämmchen wieder in eine mehr vertikale Richtung zu bringen, worauf er sich dis¬ kret in seine Gemächer zurückzog. Für die nächste Stunde war er ein hilfloses Opfer seines Berufes. Käthe hatte schnell Ordnung ge¬ schaffen. „Ach, verzeihen S', meine Her¬ ren, daß Sie was abgekriegt haben aber dem Weinkühler hab' ich nimmerge¬ traut, der stand alleweil schief.“ So schief nahmen die Gäste nun ihrer¬ seits die Sache nicht, sondern sie be¬ schlossen, das nützliche Gerät mit einer vollen Flasche zu beschweren. Natürlich wurde Käthe zu einem Gläschen freund¬ lich eingeladen. Und der einen Flasche folgte bald eine zweite und dritte. Als sie zur Neige ging, versuchte der eine der Gäste, sein Portemonnaie zu ziehen. Energisch aber wies der andere das zurück. „Nichts da — ich bezahl'“, rief er. „O nein“ erwiderte der andere. „Du hast gestern abends die Zeche bezahlt, heute bin ich an der Reihe.“ „Aber du bist mein Gast, und solange du mein Gast lbist“ „Donnerwetter!“ rief jetzt der andere wieder erregt, „laß' doch dieses ewige Streiten wegen der lumpigen paar Mark. „Und ich sage“, scholl es noch erregter zurück, indem eine Faust auf die Tisch¬ platte niedersauste. „Dein Benehmen ist einfach beleidigend, unerhört beleidigend. Aber ich lasse mich nicht beleidigen. Ich bezahle und damit basta!“ Bevor noch der andere zum Worte kam, griff Käthe in den Streit ein. „Aber warum zanken S' sich denn so herum. Würfeln S' doch die Zeche aus.“ „Sie sind ein gutes Kind“, sagte der eine, indem er aufstand, „und Ihr Vor¬ schlag zur Güte ist edel, hilfreich und 7 gut. Aber ich rühre grundsatzlich keine Würfel an.“ Der andere war inzwischen auch herangekommen. „Wissen Sie, Fräulein, ich bin der gemütlichste Mensch auf der ganzen Welt, aber jedesmal, wenn es ans Bezahlen geht, fängt dieser soge¬ nannte Freund eine Redeschlacht an. Sie glauben nicht, was der für ein aufdring¬ liches Portemonnaie hat.“ „Und ich sage nochmals ... „Sagen S' nur gar nichts mehr,“ rief Käthe dazwischen, „sondern machen S' Ihr'n Mund und 's Portemonnaie zu und lassen S' diesen braven Menschen bezahlen.“ „Oho! Dann nehmen Sie von mir wohl gar kein Geld ... Nun, dann will ich einen Vorschlag machen. Wen Sie von uns greifen, der soll bezahlen.“ Käthe wollte schnell den anderen greifen, und dieser wollte ebenso schnell bezahlen, aber sein hartnäckiger Gegner behauptete, daß sie so nicht gewettet hätten. Er hätte gemeint, das Fräulein solle „ohne Ansehen der Person“ näm¬ lich mit verbundenen Augen, greifen. „Also blinde Kuh wollen S' mit mir spielen. Ist mit schon recht, wenn damit der Streit aufhört.“
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