Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1909

26 Ladung in den Kahn zu werfen in welchem ein dritter stand, während ein — Ohne vierter sich am Lande befand. weiteres Besinnen schoß ich auf die Ban¬ diten und wirklich flog auch ein Kerl sogleich mit einem wilden Fluch über Bord. Es war eigentlich eine Torheit von mir; ich stand nun den Leuten wehr¬ los gegenüber, denn ich mußte erst aufs neue laden; ohne mich daher weiter zu besinnen, rief ich in den Wald: „Jun¬ gens, kommt, endlich haben wir die Schufte!“ „Meine kecken Worte bewirkten nun Wunder, der Schuß, mein Erscheinen, der Ruf in den Wald kam ihnen zu uner¬ wartet; sie mochten fürchten, daß sie wirklich eine Uebermacht gegen sich hatten, denn sie verloren den Kopf. Deutlich konnte ich sehen, wie der schwarzköpfige Kerl vom Boot ins Wasser sprang, der Mann im Kahn hastig vorwärts ruderte und auch der Mann am Ufer im Walde verschwand. ∆ In wenigen Sekunden waren die Räuber wie Phantome meinen Blicken ent¬ schwunden. Ich würde das Ganze für einen Traum gehalten haben, wenn mich nicht das Besteigen meines Bootes da¬ von belehrt hätte, daß alles grauenhafte, entsetzliche Wirklichkeit war. Meine beiden Matrosen lagen erschossen in ihrer Kajüte und ein Teil meiner Ladung war bereits geplündert.“ „Und die Räuber entwischten glück¬ lich?“ fragte Blaas, der mit großer Auf¬ merksamkeit zugehört hatte. „Merkwürdig genug, daß die Kerle keinen neuen Angriff wagten, sonst wäre ich doch verloren gewesen“ bemerkte 6 Blendheim. „Ich suchte nun rasch mein Boot frei zu machen, ließ die geraubten Waren im Stich und steuerte trotz des starken Windes mitten in das Meer hinaus, denn ich wollte lieber auf dem Wasser zugrunde gehen, als den Räu¬ bern in die Hände fallen. Jeden Augen¬ blick war ich in Gefahr, von den Wellen verschlungen zu werden und ich stand allein im Kampfe mit den Elementen, aber ich kannte doch jetzt die Kriegslist des Allambra und wußte, warum es ihm bisher geglückt war, seine Schandtaten mit solch sicherem Erfolg auszuführen.“ Blaas sah den Kapitän fragend an; er konnte noch nicht alles begreifen und dieser fuhr fort: „An der Lage meiner Leute gewahrte ich sogleich, daß sie von den Räubern im Schlaf überfallen und erschossen wurden. Die Persönlichkeit Allambras hatte man mir beschrieben und trotz seiner wunderlichen Verhül¬ lung erkannte ich ihn auf der Stelle; er war in ein Kamelsfell gekleidet und als er ins Wasser sprang, machte er an¬ fangs so unbeholfene Bewegungen, wie die eines Tieres. Vielleicht war er daran gewöhnt, oder wollte mich jetzt noch täuschen. — Nun dachte ich mir sogleich, daß Allambra wohl jedesmal unter dieser Maskerade seine Räubereien aus¬ führen möge. Ein heftiges Pochen an der kleinen Kajütentüre störte die weitere Unterhaltung. Blendheim näherte sich lachend und fragte spöttisch: „Allambra, warum so ungeduldig? Du mußt etwas höflicher auftreten, wenn wir Freunde bleiben wollen.“ „Gebe zehntausend Pfund Silber, wenn du uns freiläßt", rief von drinnen eine wuterstickte Stimme. „Ist zu wenig“, antwortete Blendheim trocken. „Fünfzehntausend Pfund.“ „Viel zu wenig. „Warum lassen Sie sich denn mit dem Raubgesindel überhaupt auf Unter¬ handlungen ein?“ fragte Blaas leise, nicht ohne einen Anflug von Besorgnis. Wenn der Deutsche wirklich auf den Handel einging, war seine Wette ver¬ loren. Der Kapitän lächelte: „Ich will die Burschen nur hinhalten. Wir haben zwar den Halunken alles aus dem Wege ge¬ räumt, was sie als Werkzeug zum Durchbrechen benutzen können; aber sol¬ chen Menschen ist nie zu trauen, sie arbeiten sich wie Ratten schließlich durch alles, und dann hätten wir das Nach¬ sehen.“

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